„Boninsegna-Dose“ ist zurück
41 Jahre nach dem legendären Büchsenwurf ist das „Beweisstück A“ wieder in Gladbach.
Arnheim/Mönchengladbach. Ihre 41 Jahre sind der leeren Boninsegna-Dose kaum anzusehen. Weder der Lack ist ab, noch hat sie Rost angesetzt. Der Schriftzug des Herstellers ist deutlich erkennbar. 0,35 Liter der als erfrischend geltenden dunklen Brause haben mal reingepasst. Zwei, drei Dellen hat das Blechding aber schon abbekommen. „Sieht eigentlich aus wie ‘ne ganz normale Cola-Dose. Irre, nach all’ den Jahren“, sagt Wolfgang Kleff. Der 65-Jährige hat den Büchsenwurf vom Bökelberg auf dem Spielfeld miterlebt. Er stand an jenem 20. Oktober 1971 beim sensationellen 7:1 gegen Inter Mailand im Tor der Gladbacher Borussia.
Dass er nun zusammen mit Geschäftsführer Stephan Schippers eine Gladbacher Delegation anführen durfte, die im Vereinsmuseum des niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim die Dose in Empfang nahm, hat Kleff als eine „große Ehre“ empfunden. Unsere Zeitung sprach mit ehemaligen Nationalkeeper.
Ganz ehrlich, Herr Kleff. Hat die Büchse damals Inter-Stürmer Roberto Boninsegna getroffen?
Kleff: „Wenn ich sagen würde, ich hätte es gesehen, würde ich lügen. Ich habe mich auf den Ball konzentriert. Nicht auf fliegende Büchsen. Zeugen, die das damals gesehen haben, sagen, die Dose habe ihn nicht getroffen.“
Wissen Sie noch, wie es stand, als Bonisengna von der Dose erwischt worden sein soll?
Kleff: „Ich meine 2:1. Es sah noch nicht nach einer klaren 1:7-Niederlage für Mailand aus.“
Hatten Sie und ihre Mannschaftskollegen bereits auf dem Platz die Befürchtung, dass das Spiel wiederholt wird?
Kleff: „Nein, überhaupt nicht. Dass es Sanktionen geben würde, war uns bewusst. Als nach dem Schlusspfiff die Meldung kam, Mailand legt Protest, da fing es bei uns allen aber langsam an zu dämmern.“
Wie meinen Sie das?
Kleff: „Es wurde im Spielberichtsbogen eingetragen ’Protest gegen Wertung des Spiels aufgrund von Vorfall mit Boninsegna’. Da schwante uns schon Unheil. Zu der damaligen Zeit wurde die Uefa von den Italienern bestimmt. Das ganze Gremium, das auf Wiederholungsspiel entschieden hat, war in italienischer Hand. Und das die wohlwollend zu Gunsten von Inter entscheiden, war uns klar. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht so die internationale Reputation. Schiedsrichter Jef Dorpmans ist ja auch gar nicht angehört worden. Er hatte keine Verletzung bei Boninsegna festgestellt. Fernsehbilder gab es auch keine.“
Was bedeutet es Ihnen, dass die Dose zurückkommt?
Kleff: „Das ist ein wichtiger Teil von Borussia, ein Teil Geschichte. Wenn wir das neue Museum gebaut wird, gehört diese Dose da auf jeden Fall hin.“
Hat Borussia jemals wieder so gut gespielt wie bei diesem 7:1 gegen Inter Mailand?
Kleff: „Ja, ich war schließlich dabei. Allerdings haben wir das international in der Art nicht mehr abrufen können. Rückblickend gesehen hatten wir auf internationaler Ebene schon einiges Pech. Ich erinnere nur an den grandiosen Auftritt von uns 1976 bei Real Madrid. Da hat uns der Schiedsrichter zwei reguläre Tore nicht anerkannt und wir sind nach einem 2:2 ausgeschieden. Das gehört auch zu Borussia, dass auf dem Weg zu ganz großen Erfolgen einmal eine Büchse und einmal ein Schiedsrichter im Weg waren. Dass wir so unglücklich ausgeschieden sind — vielleicht hat gerade das die Borussia für viele so sympathisch gemacht.“