Gladbach: Das große Zittern
Bei Lucien Favres Borussia klappt gar nichts mehr. Am Dienstag beginnt in Sevilla das Abenteuer Champions League. Kann das gut gehen?
Mönchengladbach. Was macht man in einer solch desaströsen Lage? Am besten Tacheles reden, unter sich sein, Probleme offen ansprechen. Das haben die Gladbacher Borussen getan am Tag nach der deprimierenden 0:3-Niederlage gegen den Hamburger SV, der vierten in Folge. „Wir haben uns zusammengesetzt und geschworen, wieder als Team aufzutreten, Gas zu geben. Ab sofort“, sagte André Hahn. Wild entschlossen klang das nicht, aber man will halt nichts unversucht lassen, um endlich die Kurve zu kriegen.
Am vergangenen „schwarzen Freitag“ kam vieles zusammen. Abgesehen davon, dass sich die Gladbacher nahezu chancenlos ins Verderben stürzten und erstmals in der Ära Favre restlos versagten, machte die tragische Verletzung von Martin Stranzl alles noch schlimmer. Bei seinem Comeback nach fast sechsmonatiger Pause krachte der 35-jährige Kapitän im Strafraum mit Mitspieler Havard Nordtveit so unglücklich zusammen, dass er sich einen Bruch des Augenhöhlenbodens zuzog. Nach erfolgreich verlaufener Operation muss sich der Österreicher nun erneut in Geduld üben: Die Hinrunde dürfte für Stranzl gelaufen sein.
Unabhängig von dem Drama um Stranzl schwebt das Null-Punkte-Konto wie ein Damoklesschwert über dem Borussia-Park, und Cheftrainer Lucien Favre befürchtet: „Das wird eine ganz, ganz schwere Saison.“ Die Krise hat ihre Gründe: Zum einen hat das Team den Abgang der Nationalspieler Christoph Kramer und Max Kruse bisher nicht auffangen können. Die Millionen-Zugänge Lars Stindl und Josip Drmic haben nur sporadisch angedeutet, dass sie eine echte Verstärkung sind. Durch verletzungsbedingte Ausfälle (Stranzl, Dominguez, Johnson, Herrmann), die Sperre von Granit Xhaka sowie Formschwankungen sah sich Favre gezwungen, die Mannschaft mehrfach umzukrempeln. Wenn dann auch noch wie gegen Hamburg individuelle Patzer hinzukommen und das Herz in die Hose rutscht, ist es um die Borussen-Herrlichkeit geschehen. „Ich bin total enttäuscht. Warum haben wir uns so naiv angestellt? Wo kam gegen Hamburg diese unfassbare Angst her?“ Fragen über Fragen, die Eberl und alle Gladbacher derzeit beschäftigen. Wahrscheinlich auch auf Flug AB 1050 am Montag in Richtung Sevilla.