Borussia Mönchengladbach Gladbach verspielt Europa - wohin führt der Weg?
Vor dem Spiel gegen Hertha BSC ist das europäische Geschäft für Borussia Mönchengladbach fast abgeschrieben. Was das nach sich zieht — und was aus Trainer Hecking wird.
Mönchengladbach. Draußen steht der Bus des 1. FC Köln vor dem Borussia-Park in Mönchengladbach — auf dem Nebenplatz spielen die U17-Teams der rheinischen Rivalen gegeneinander. In den Katakomben war rund um die Spieltags-Pressekonferenz von Trainer Dieter Hecking von Derby-Fröhlichkeit weniger zu spüren. Aber am Tag vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC ließ sich Hecking auch zu größerer Tristesse nicht hinreißen. Der Trainer-Routinier lebt Selbstbewusstsein und Gelassenheit vor. Obwohl der Verein nicht nur die Hotel-Baustelle neben der Arena aufgeworfen hat, sondern auch Heckings Belange eine einzige Baustelle sind. Ein Überblick.
Mit neun Punkten aus elf Spielen ist Gladbach 15. der Rückrundentabelle, schlechter sind nur Mainz, Wolfsburg und der HSV. Damit haben die bisweilen auf erschreckende Weise stolpernden Fohlen wahrscheinlich alle Chancen auf europäische Wettbewerbe in der nächsten Saison verspielt, obwohl Borussia im Winter noch Sechster und sogar punktgleich mit dem Tabellenvierten Bayer Leverkusen war.
Jetzt fehlen auf den Tabellensiebten Hoffenheim fünf Punkte, noch dazu ist das negative Torverhältnis (-6, bei 42 Gegentoren) deutlich schlechter. Hecking will die Tabelle deshalb erst einmal außer Acht lassen. „Wir müssen überhaupt erst mal wieder ein Spiel gewinnen.“ Glücksbringer soll Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus sein, die auch beim 2:0 gegen Augsburg leitete — es war am 20. Januar der bislang letzte Gladbacher Heimsieg. Auch die Kadersituation entspannt sich vor dem Berlin-Spiel wieder, Denis Zakaria und Laszlo Benes sind wieder nah an der ersten Elf.
Nach der Aufgabe Berlin folgen die Gegner FC Bayern (A), VfL Wolfsburg (H), FC Schalke (A), SC Freiburg (H) und der Hamburger SV (A). Vor allem in Hamburg könnte das eine durchaus deprimierende Veranstaltung werden.
Dieter Heckings Vertrag läuft bis 2019, über eine Verlängerung wird im Umfeld gesprochen, zwischen Sportdirektor Max Eberl und Dieter Hecking derzeit aber offiziell offenbar eher weniger. „Da bin ich total entspannt“, sagte der 53-Jährige am Freitag auf Nachfrage. Er sei über alles in „sehr gutem Austausch“ mit Eberl, man müsse sehen, ob „wir verlängern oder nicht, oder ob wir erst einmal so in die nächste Saison gehen“. Letztes Szenario scheint wahrscheinlich. Schon mit Hecking-Vorgänger André Schubert hatte Eberl ohne größere Not frühzeitig verlängert — und ihn drei Monate danach entlassen. Logisch wäre, dass Eberl abwartet, wie Hecking, der im ersten kalendarischen Trainerjahr noch 56 Punkte aus 34 Spielen geholt hat, mit neuer Konzeption im Sommer den Turnaround schafft. Mindestens ein Stimmungsbild wird der Manager auf der Mitgliederversammlung am 16. April erhalten. Klar ist aber auch: Hecking ist ganz anders als seinerzeit Schubert bei Spielern und im Verein wie schon auf seiner Station zuvor in Wolfsburg geschätzt.
Logisch, dass Borussia Mönchengladbach nach einer wohl zweiten Saison ohne europäisches Geschäft etwas ändern muss. Vielleicht sogar noch mehr, als man das heute im Blick hat. Spieler wie Yann Sommer, Denis Zakaria und Nico Elvedi (alle Schweiz) und vor allem Angreifer Thorgan Hazard (Belgien) liegen bei der WM im Russland auf dem Präsentierteller. Zakaria, der zuletzt dem „Express“ gesagt hatte, er wolle in Gladbach bleiben, und Hazard, der in England auch dank Bruder Eden Interesse hervorruft, könnten im Sommer trotz aller Bekundungen weg sein. Dann würde es aber eine Menge Geld geben: Zakarias Vertrag läuft bis 2022, Hazards laut Eberl bis 2020 — und auch Elvedi hat erst im Januar bis 2021 verlängert. Eberl hat also im Fall von Wechseln frühzeitig für eine glänzende Einnahme gesorgt.
Aber: Gladbach droht wie im vergangenen Sommer mit den Wechseln von Christensen und Dahoud, deren Fehlen bis heute spürbar ist, Eckpfeiler zu verlieren. Zugleich ist das aber auch eine Chance für einen kleinen Neubeginn, der etwa mit dem derzeit an Düsseldorf verliehenen U21-Nationalspieler Florian Neuhaus (21) angereichert würde. Neuhaus ist der Sprung in die erste Liga sofort zuzutrauen. Außerdem dürften auch die deutschen Nationalspieler Lars Stindl und Matthias Ginter in Gladbach bleiben. Der Club wird keinesfalls ins Bodenlose fallen: Es warten genug junge Spieler auf ihre Chance. Und das Thema Stürmer hat Eberl endlich im Blick: 36 Tore aus bislang 28 Spielen sind unterdurchschnittlich für Fohlen-Verhältnisse. Noch dazu kommt die beste Offensivkraft Raffael (33) in die Jahre. Geld für einen guten Offensivmann muss aber erst einmal reinkommen, wenn es erneut keine Zusatzeinnahmen geben wird: „Wenn wir 30 Millionen durch einen Verkauf erzielen, bin ich auch bereit, das Geld für einen oder zwei Spieler auszugeben“, hatte Eberl unlängst beim TV-Sender Sky gesagt.