Köln verurteilt Fan-Verhalten - harte Strafen drohen
Mönchengladbach (dpa) - Zorn, Fassungslosigkeit und völliges Unverständnis beim 1. FC Köln. Nach dem Platzsturm von Hooligans am Ende des 0:1 bei Borussia Mönchengladbach, dem Abbrennen von Pyrotechnik und dem Entzünden von Böllern drohen dem FC drastische Strafen bishin zu einem Geisterspiel.
Nicht nur Manager Jörg Schmadtke war regelrecht angewidert: „Das ärgert mich extrem.“ Sein Freund und Kollege Max Eberl, Sportdirektor der Borussia, verglich die Hooligans im ZDF mit „wilden Tieren“.
Wenige Stunden nach dem 82. Bundesliga-Rheinderby distanzierte sich der FC „ohne Wenn und Aber“ von den unrühmlichen Vorfällen. Dem Verein und seinen ansonsten „großartigen Fans“ sei „massiv“ geschadet worden. In einer Phase, in der die Kölner mit dem DFB in einem Austausch über angemessene Strafen und die richtige Bewertung von Fan-Arbeit sind, seien die Vorkommnisse „ein schwerer Rückschlag, der den Club enttäuscht und ärgert“.
Schmadtke ließ schon wenige Minuten nach der Niederlage und dem hässlichen Ende wissen, dass der FC - nicht zum ersten Mal - mit harten Strafen rechnen muss: „Die wird schon deutlich werden.“ Auch die Borussia muss wegen mangelnder Platzaufsicht mit einer Bestrafung rechnen, obwohl die Aktion der rund 25 Vermummten nur aus dem Kölner Block resultierte. Der DFB kündigte am Sonntag bereits entsprechende Ermittlungen an. „Das ist der bitterste Tag seit ich hier bin“, sagte Kölns fassungsloser Trainer Peter Stöger dem „Express“.
Der FC, dem möglicherweise sogar ein sogenanntes Geisterspiel droht, will nun bei der Täterermittlung aktiv werden und die Verursacher „konsequent sanktionieren“. Zudem behalte sich der Verein „weitere, harte Schritte gegen die beteiligten Gruppierungen vor“. Die Deutsche Fußball Liga will zukünftig bei der Terminierung „noch sensibler vorgehen“, wie der scheidende Geschäftsführer Andreas Rettig betonte. Da kostümierte Fans an Karnevalstagen nicht ungewöhnlich sind, waren die FC-Randalierer mit ihrer Verkleidung bei der Stadionkontrolle offenbar nicht aufgefallen.
Empört reagierten die Spieler. „Es kann nicht sein, das geht einfach nicht. Das sind keine Fans - die schaden nur dem Verein“, verurteilte Kölns Torhüter Timo Horn das Geschehen vor den 54 010 Besuchern im ausverkauften Stadion. Granit Xhaka, der in der Nachspielzeit (90.+1 Minute) mit seinem ersten Kopfballtor im Fohlen-Dress die Partie entschied, sagte, es sei „bitter für den Fußball, dass so etwas passieren kann“.
Der Schweizer und seine Mitspieler eilten in die Kabine, als die Vermummten, bekleidet mit weißen Overalls, praktisch mit dem Schlusspfiff ein Fluchttor stürmten und unbegreiflicherweise auf das Feld rennen konnten. Es gab heftige Rangeleien, Fußtritte und Faustschläge. Bei den Ausschreitungen wurden ein Polizist und mehrere Ordner verletzt. Zwei der Krawallmacher wurden nach Angaben eines Polizeisprechers vorübergehend festgenommen, von mehreren anderen FC-Fans hätten die Beamten die Personalien festgestellt. Die Abreise der Anhänger sei ohne Zwischenfälle verlaufen.
Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker und beratendes Mitglied im Verwaltungsrat vom 1. FC Köln, sieht keine Möglichkeiten für den Verein, gegen die Chaoten vorzugehen. „Wir haben die Grenzen des Möglichen erreicht“, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag der „Rheinischen Post“. „Wir müssen einfach erkennen, dass wir einige Intensivtäter schlicht nicht erreichen. Typen, die Bengalos zünden und auf einen Platz rennen, sind keine Fans des FC, sondern Kriminelle.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Kölner Hooligans dem Verein extrem schaden. Im März 2014 war der damalige Zweitligist wegen ähnlicher Dinge vom DFB-Sportgericht zu einer 50 000-Euro-Strafe und einem für neun Monate zur Bewährung ausgesetzten Zuschauer-Teilausschluss verurteilt worden. Dem FC war seinerzeit vom Sportgericht kein Verschulden zugesprochen worden.
Beim letzten Abstieg der Kölner am 5. Mai 2012 hatte es nach dem 1:4 gegen Bayern München ähnliche Vorkommnisse gegeben. Damals hatte Schiedsrichter Florian Mayer die Partie einige Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit beendet, damit die Profis beider Teams, die vor einer schwarzen Rauchwolke und einem Fan-Mob flüchteten, sicher in die Kabinen kommen konnten.
Die Jagdszenen von Mönchengladbach haben noch ein anderes Kaliber. Xhaka bekannte zwar, nicht unbedingt Angst gehabt zu haben: „Aber man muss natürlich aufpassen.“ Der Schweizer und seine Kollegen rannten in die Katakomben und kamen erst Minuten später wieder raus, um sich von den Borussia-Anhängern für den Sieg, mit dem die Elf von Lucien Favre ihre Champions-League-Ansprüche untermauerte, feiern zu lassen.
Wie Peter Stöger war auch Favre erbost ob der Ausschreitungen. „Das gehört nicht zum Fußball“, kommentierte der Borussia-Coach, am Samstag exakt vier Jahre im Amt, das unrühmliche Verhalten. Stöger hielt sich noch zurück, als er feststellte, er könne „mit solchen Dingen nichts anfangen. Das kann ich nicht gut heißen - das ist bitter, mindestens so bitter wie das 0:1.“