Borussia Mönchengladbach Stindls Energie, Herrmanns Glück

Der Kapitän bringt Gladbach beim 3:0 gegen starke Freiburger auf die Siegerstraße, der Rückkehrer setzt den Schlusspunkt.

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Mönchengladbach. Überschwänglich fiel das Lob nicht aus, aber Dieter Hecking machte zumindest einen zufriedenen Eindruck. „Ich bin froh, dass wir gewonnen haben. Es war nervenaufreibend“, sagte der neue Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach nach dem 3:0-Erfolg seiner Mannschaft gegen den SC Freiburg. Wohl wissend, dass trotz der geglückten Heimpremiere 2017 noch nicht alle Rädchen ineinander greifen, ja, die Gäste aus dem Breisgau lange Zeit zumindest ebenbürtig waren.

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Aber dann kam wieder die starke Phase von Lars Stindl. Wie bei der erfolgreichen Aufholjagd in Leverkusen. Seine Willensstärke, seine Physis und Dynamik lenkten in der 73. Minute ein Spiel, das bis dato hin und her wogte, nur noch in eine Richtung. Der Gladbacher Kapitän, der sich allerdings auch die fünfte Gelbe Karte einhandelte und beim nächsten Bundesliga-Spiel in Bremen gesperrt ist, schüttelte seinen Bewacher Caglar Söyüncü ab und zirkelte den Ball zur 1:0-Führung ins Netz.

Gladbach schlägt Freiburg deutlich
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„Lars hat in diesem Augenblick wieder all seine Qualitäten gezeigt. Typisch für ihn“, konstatierte Hecking, der Stindl nach intensiven Gesprächen in der Winterpause offenbar das Selbstbewusstsein zurück gegeben hat. Wie auch dem jungen Mo Dahoud beispielsweise oder Christoph Kramer, dem zweiten „Taktgeber“ der Fohlen-Elf. Nicht so spektakulär auftretend wie Stindl, aber genau so wertvoll demonstriert auch der Weltmeister von 2014 die „neue“ Linie der Gladbacher: Mehr Schärfe, mehr Leidenschaft, mehr Dichte.

Dass Hecking bei aller Begeisterung ob des klaren Erfolgs nicht alles passte, machte er allerdings auch deutlich: „Das Ergebnis ist zu hoch ausgefallen. Freiburg hat uns alles abverlangt. Wir haben vieles richtig gemacht, aber nicht alles.“ Was, das verschwieg der Trainer geflissentlich. „Das werde ich hier nicht sagen. Das teile ich der Mannschaft mit.“ Wahrscheinlich hat er die Mängelliste inzwischen mit seinen Schützlingen abgearbeitet. Trainer und Team trafen sich bereits gestern Vormittag wieder im Borussia-Park: „Auslaufen“ mit dem Mountain-Bike, Regenerieren, Analysieren. Hecking gestern: „Wenn man überlegt, dass wir noch gar nicht so lange zusammen sind, muss man sagen, dass die Mannschaft das schon hervorragend macht. Jetzt geht es darum, sinnvoll mit der wertvollen Zeit umzugehen, die uns bis Fürth bleibt.“

Morgen Abend (20.45 Uhr) will Borussia Mönchengladbach beim Zweitligisten am Ronhof den Einzug ins DFB-Pokal-Viertelfinale bewerkstelligen. Damit haben die Freiburger in dieser Saison nichts mehr am Hut: Sie können sich ganz auf die Liga konzentrieren. Und in der gibt der Aufsteiger bis dato eine respektable Figur ab. „Wir haben malocht und malocht, und dann verlierst du 0:3. Das ist Bundesliga“, sagte Trainer Christian Streich. Die Freiburger hielten unermüdlich dagegen und lieferten wieder mit insgesamt 122,67 Kilometern eine eindrucksvolle Laufleistung ab — Gladbach war mit 120,94 km kaum weniger fleißig. Freiburgs Mittelfeld-Stratege Vincenzo Grifo stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Es tut weh, das 0:3 wirft uns aber nicht zurück. Uns fehlte einfach ein Tor.“ Grifo, Petersen und Niederlechner hatten in der zweiten Hälfte beim Stand von 0:0 beste Chancen dazu.

Aber dann kam Stindl, dann entschied die Effektivität der Borussia mit den weiteren Treffern von Raffael (78.) und Patrick Herrmann (90.) eine Begegnung, die das Gladbacher Publikum nach Wochen der Enttäuschungen wieder einigermaßen versöhnte. Nach dem Abpfiff feierten die Fans ihre Mannschaft enthusiastisch. Und die Zuversicht steigt: Denn für Trainer Hecking tun sich wieder zunehmend neue Möglichkeiten auf.

Zwar kam vor dem Spiel mit Jonas Hofmann (Faszienriss in der Hüfte) ein verletzter Spieler hinzu, doch insgesamt lichtet sich das Lazarett. Patrick Herrmann fehlte drei Monate, wurde gegen Freiburg in der 90. Minute eingewechselt und konnte sein Glück nach seinem abgefälschten Schuss zum 3:0-Endstand kaum fassen: „Ob da oben jemand mitgeholfen hat?“ Der zweifache Nationalspieler war seit September 2015, als das hintere Kreuzband im Knie riss, vom Verletzungspech verfolgt. Zuletzt zog er sich im November 2016 in Berlin mehrere Bänderrisse im rechten Sprunggelenk zu. Als Herrmann gleich mit seinem ersten Torschuss wieder einen Treffer erzielte, schlug er ungläubig die Hände vors Gesicht. „Ich hoffe, dass es für ihn der Wendepunkt war. Er hatte ein Scheißjahr 2016. Solche Geschichten schreibt nur der Fußball. Ich freue mich für Patrick“, sagte Hecking.

Auch Fabian Johnson und Josip Drmic sind wieder dabei, Ibrahima Traore liegt auf der Lauer, genau wie Nico Elvedi und Tobias Strobl. „Wir brauchen alle“, erklärte Dieter Hecking. Bis zu einer richtigen Erfolgsstory ist es freilich noch ein weiter Weg für den ehemaligen Wolfsburger Trainer. Immerhin kann er den 666. Bundesligasieg der Gladbacher seit dem Aufstieg 1965 für sich verbuchen — und den 444. vor heimischer Kulisse.