Vor 10 Jahren: Das letzte Spiel am Bökelberg
Vor zehn Jahren spielte die Borussia zuletzt in ihrer Kultstätte.
Mönchengladbach. Der Bökelberg und sein Stadion, 61 Meter über dem Meeresspiegel: 85 Jahre lang war der Fußballtempel in einer der feinsten Ecken der Stadt die Heimat von Borussia Mönchengladbach. Eng, dicht, einzigartig, ein viereckiges Stadion mit steilen Stehplatzstufen und einer spät gebauten Tribüne. Unverwechselbar. Ging das Flutlicht an, schlugen die Herzen der heißblütigen Fußballfans gleich höher. Aber egal ob samstags um halb vier oder abends um Acht, der Bökelberg hat Geschichte geschrieben. „Eine historische Kultstätte“, sagt Ur-Borusse Jupp Heynckes.
Vor zehn Jahren fiel der letzte Vorhang. Es war der 22. Mai 2004, der Tag, an dem das Abschied-nehmen nicht mehr zu umgehen war. Gegen München 1860 (3:1-Sieg) ging das letzte Bundesligaspiel am Bökelberg über die Bühne. Wehmütig, mit Herzschmerz und eher leise. Publikumsliebling Arie van Lent gehörte der letzte, brausende Beifall, als er mit einem wuchtigen Kopfballtor für den 3:1-Endstand sorgte. Van Lent: „Ich hab den Ball eben voll erwischt. Es war ein toller Moment.“
Auch für den bereits 39-jährigen Keeper Uwe Kamps hielt der Tag noch ein Schmankerl bereit: Der damalige Cheftrainer Holger Fach nahm Stammtorwart Jörg Stiel kurz vor Schluss raus, gönnte Kamps noch einmal acht Minuten Spielzeit. Es war sein 390. Bundesligaeinsatz, danach war für Kamps Feierabend — nach 22 Jahren als Profi und zig Auftritten im Bökelberg-Stadion. „Die 400 hätte ich gerne gepackt. Aber etliche Verletzungen haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. So ist das Leben“, sagt Kamps, „es waren wunderbare Jahre, und dass ich beim letzten Spiel auf dem Bökelberg mit fast 40 noch einmal aktiv mitwirken durfte, bleibt für mich unvergessen.“
Uwe Kamps, der am 12. Juni 50 wird, ist einer der vielen Fußballer, die den Berg mit Haut und Haaren erlebt haben. An einem der unvergesslichsten Spiele überhaupt war der heutige Torwarttrainer des VfL selbst beteiligt. Er parierte am 7. April 1992 im Pokal-Halbfinale gegen Leverkusen vier Elfmeter: Kamps wurde um 22.42 Uhr zum Helden vom Bökelberg.
2005 wurde der Bökelberg nach und nach abgerissen, der letzte Flutlichtmast fiel am Vormittag des 2. August 2006. Dort, wo Günter Netzer zu Beginn der Bundesliga das Spiel der Gladbacher elegant eröffnete, „Terrier“ Berti Vogts hart, aber herzlos zupackte, Jupp Heynckes voller Dynamik drauflos stürmte, Stefan Effenberg den „Tiger“ in seinem Haupthaar zur Schau trug, wo die Borussia spektakuläre Siege feierte und bittere Niederlagen erleiden musste, wo der Pfosten brach und Inter Mailand-Star Boninsegna nach einem Büchsenwurf aus der Menge zu Boden ging und den sterbenden Schwan mimte, stehen jetzt schicke Häuser.
Nach schleppendem Beginn sind die Eigenheime — teils in Hanglage - in den vergangenen fünf Jahren zügig verkauft worden. „Die beiden letzten von 80 Grundstücken rund um Spielberg, den Schürenweg und die Bökelstraße sind reserviert. Wir sind fast am Ziel“, sagt Klaus Quasten, Vertriebsleiter bei der städtischen EWMG. Eng wird‘s dann am Bökelberg — wie zu besten Bundesligazeiten.