Vor dem Spiel am Freitag Was für Borussia Mönchengladbach gegen Bayern spricht

Mönchengladbach · Auch der Blick in die Historie zeigt: Elf Trainer gewannen 22-mal gegen den FC Bayern in Spielen in Mönchengladbach. Erinnerungen an verrückte Zeiten.

2019: Die Gladbacher feiern den 2:1-Sieg gegen die Bayern mit ihren Fans.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Adi Hütter weiß, wovon er spricht. „Man muss gegen die Bayern an und über die Grenze gehen“, sagt der neue Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach. Drei Jahre bei Eintracht Frankfurt haben ihre Spuren hinterlassen. Zwar ging die Premiere des Österreichers in der deutschen Bundesliga gegen die Bayern vor drei Jahren schief (0:3), aber danach schickten Hütter und seine Eintracht-Jungs die Münchener zweimal geschlagen nach Hause (5:1 und 2:1). „Ein Sieg gegen die Bayern ist halt etwas ganz Spezielles“. Nach entbehrungsreichen Corona-Zeiten die Stimmung bei seinem Premierenspiel in Gladbach gleich hochzutreiben und zu punkten, ist das erklärte Ziel und Hütters großer Wunsch. 23000 Zuschauer werden heute Abend im Borussia-Park dabei sein (20.30 Uhr, live auf SAT 1). Zudem gilt es, die ansehnliche Heimbilanz des niederrheinischen Traditionsklubs gegen München fortzusetzen. Denn in den bisherigen 53 Heimbegegnungen behielten die Gladbacher immerhin 22-mal die Oberhand, trennten sich 18-mal mit einem Remis und verloren 13 Partien. Die vergangenen zehn Jahre boten fast alles, was das Fußballherz begehrt. Die Gladbacher waren in der Liga nie schlechter als Rang neun, kam dreimal in die Königsklasse und ebenso oft in die Europa-League und holten im Borussia-Park immerhin 16 Punkte gegen das Erfolgsteam aus dem Süden (fünf Siege, ein Remis, vier Niederlagen). Und alle Trainer in dieser Zeit haben es auf ihre eigene Art und Weise geschafft: Lucien Favre, André Schubert, Dieter Hecking und last not least Marco Rose. Mit Spielern, die das Spektakel mit ihren Toren möglich machten und die Raute im Herzen haben, Spieler wie Patrick Herrmann, Lars Stindl, Matthias Ginter, Ramy Bensebaini, Jonas Hofmann oder Florian Neuhaus. „Es war ein großartiges Jahrzehnt, das kann man mit Fug und Recht behaupten“, konstatierte Gladbachs Vizepräsident Rainer Bonhof.

Ein Blick zurück auf die weiteren Gladbacher Spiele und Siege gegen München, angefangen mit den Siebziger Jahren:

Das erste Tor gegen die Bayern in diesem Jahrzehnt mit fünf Meisterschaften ging auf das Konto von Günter Netzer beim 3:1-Heimsieg am 14. April 1971. In dieser Partie debütierte auch Rainer Bonhof, Weltmeister von 1974 und heutiger Vizepräsident des Vereins, mit gerade mal 19 Jahren. Fünf weitere „Dreier“ der Fohlen Elf sollten folgen. Zudem gab es in diesem ewigen Klassiker ein Unentschieden und drei Niederlagen am Bökelberg, darunter anno 1979 die höchste Schlappe gegen den Rekordmeister mit 1:7. Die 70er waren das Jahrzehnt der Fohlenelf mit der unvergessenen Trainer-Legende Hennes Weisweiler und seinem Nachfolger Udo Lattek, sowie einer Vielzahl von Talenten wie Günter Netzer, Jupp Heynckes, Herbert Laumen, Berti Vogts, Herbert Wimmer, Horst Köppel, Winnie Schäfer oder Bernd Rupp.

In den achtziger Jahren trug Jupp Heynckes in seiner ersten Station als Cheftrainer mit fünf Siegen (zwei weitere gingen auf das Konto von Wolf Werner) erheblich dazu bei, dass Borussia Mönchengladbachs beste Ausbeute gegen die Münchener in diese Zeit fiel. In den zehn Heimpartien triumphierten die Gladbacher insgesamt siebenmal (plus ein Remis und zwei Niederlagen). Obwohl es auch eine unglückliche Dekade war ohne den mehrfach greifbar nahen Titelgewinn, bot sie im Jahrzehnt eins nach den glorreichen Siebzigern doch viel Unterhaltungswert und sportliche Höchstleistungen. Schließlich zogen die Borussen sechsmal in den Uefa-Pokal-Wettbewerb ein und wären 1984 beinahe Deutscher Meister geworden. Es war die Zeit der Torjäger Jörg Criens, Frank Mill und Uwe Rahn.

Die neunziger Jahre waren geprägt durch den Höhenflug von Bernd Krauss und seinem verschworenen Haufen, die als Krönung 1995 Pokalsieger wurden. Die Bilanz gegen den FC Bayern (drei Siege, sechs Unentschieden, eine Niederlage) war mehr als passabel. Für die meisten Punkte sorgte der ehemalige österreichische Nationalspieler als verantwortlicher Coach selbst: Krauss blieb gegen München ungeschlagen, gewann daheim zweimal und spielte zweimal Unentschieden. Ja, und die Borussia schaffte unter seiner Leitung als Clou den ersten Auswärtssieg bei den Bayern (2:1 am 14. Oktober 1995). „Dieser Tag hat sich bei den Fans der Borussia unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt“, sagt Krauss im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Schlagzeilen des 2000-er-Jahrzehnts „gehörten“ zunächst Marcel Witeczek und Arie van Lent. Nach dem ersten Abstieg der Gladbacher 1999 und dem Wiederaufstieg zwei Jahre später unter der Regie von Hans Meyer sorgte das Duo für einen wunderbaren Auftaktsieg gegen den FC Bayern in Liga eins am 28. Juli 2001. Traumpass von Witeczek auf van Lent, der Oliver Kahn im Bayern-Tor nicht die Spur einer Chance ließ. Das 1:0 nach 23 Minuten war der Endstand. Der heutige Sportdirektor Max Eberl hielt in der Viererkette hinten den Laden der Borussia dicht. Danach folgte allerdings nur noch ein weiterer Erfolg gegen die Bayern, den Trainer Horst Köppel und sein Team am 30. Oktober 2004 sicherstellten (2:0). Köppel, nach der Entlassung von Holger Fach Interimstrainer für ein Spiel, wurde im neuen Borussia-Park groß gefeiert – doch schon eine Woche später durch den Niederländer Dick Advocaat ersetzt. Durch den Wiederaufstieg 2001 kam die Borussia im damaligen Jahrzehnt nur auf neun Partien daheim gegen die Bayern. Bilanz: zwei Siege, sechs Remis, eine Niederlage.

Und was passiert heute Abend? Zwei alte Rivalen stehen sich zum 54. Mal in der Bundesliga auf Gladbacher Boden gegenüber, zwei neue Trainer feiern Premiere, die Ungewissheit hüben wie drüben überwiegt, aber eines ist gewiss: Endlich sind wieder Zuschauer zugelassen.

Elf Trainer schafften 22 Siege gegen die Bayern in heimspielen: Jupp Heynckes (Gesamt: 291 Spiele für die Fohlen Elf/5 Heimsiege gegen die Bayern),

Hennes Weisweiler (339 Spiele/ 3 Heimsiege),

Udo Lattek (136 Spiele / 3 Heimsiege),

Wolf Werner (85 Spiele, 2 Heimsiege),

Bernd Krauss (143 Spiele, 2 Heimsiege)

Marco Rose (68 Spiele, 2 Heimsiege).

Je einen Heimsieg erzielten Hans Meyer, Horst Köppel, Lucien Favre, André Schubert und Dieter Hecking.