Alarmstufe Rot beim BVB - Klopp schließt Rücktritt aus
Dortmund (dpa) - Aus echter Liebe wurde echte Wut. Selbst die treuesten Fans verweigerten der Dortmunder Mannschaft erstmals in dieser Saison die Gefolgschaft. Nach dem 0:1 (0:0) gegen den FC Augsburg entlud sich der in den vergangenen Monaten aufgestaute Frust.
Auch die Vermittlungsversuche von Routinier Roman Weidenfeller und Kapitän Mats Hummels am Zaun vor der Südtribüne trugen nicht zur Besänftigung bei. Mit einem lauten Pfeifkonzert verabschiedete der Anhang die Profis in die Kabine. Der Stimmungsumschwung gab Hummels zu denken: „Die Situation ist schlimmer als jede, die wir bisher erlebt haben.“
Mit der bereits elften Saisonschlappe verspielte der wankende Tabellenletzte bei den Fans den letzten Kredit. Doch nicht nur der Liebesentzug des Publikums passte in das Bild von einem echten Abstiegskandidaten. Ungeachtet der vielen Treueschwüre der Vereinsspitze wird auch die Diskussion um Jürgen Klopp langsam, aber sicher immer lauter. Selten hat man den BVB-Trainer so konsterniert und hilflos erlebt: „Ich habe gedacht, dass wir weiter sind. Das tut weh, ich bin maximal enttäuscht.“
Trotz des neuerlichen Rückschlags verschwendet Klopp keinen Gedanken an eine freiwillige Demission. Schon am Tag danach gab er sich kämpferisch: „Ich habe keinen Bock mehr, ich resigniere - das kann ich komplett ausschließen. Mein Akku ist voll. Und außerdem bin ich vom Erfolg unserer Mission nach wie vor überzeugt.“
Zumindest intern genießt Klopp weiterhin volles Vertrauen. Weltmeister Hummels stärkte dem Fußball-Lehrer demonstrativ den Rücken. Für den Kapitän ist ein Trainerwechsel kein probates Mittel, um den freien Fall zu stoppen: „Ich denke nicht, dass das der richtige Schritt für uns wäre. Das ist für keinen in unserer Mannschaft ein Thema.“
Schon am Samstag steht beim nur drei Punkte entfernten SC Freiburg das erste von 15 Endspielen um den Klassenverbleib an. Klopp stellte eine Trotzreaktion seiner Mannschaft in Aussicht: „Wir stehen in der Bringschuld und wollen den Fans etwas zurückzahlen.“ Auf die Mithilfe von Kevin Großkreutz muss er dabei jedoch verzichten. Der gegen Augsburg als Außenverteidiger eingesetzte Mittelfeldspieler zog sich laut Klopp einen „kleinen Muskelbündelriss“ zu und wird seinem Team deshalb sechs Wochen fehlen.
Noch immer scheinen viele Profis den Ernst der Lage nicht realisiert zu haben. Vor allem die zweite Spielhälfte im Duell mit Augsburg gab zu denken: Obwohl der BVB nach dem Platzverweis für Christoph Janker (64.) in Überzahl war, boten sich erst in der Nachspielzeit zwei Chancen auf den Ausgleich. Innenverteidiger Neven Subotic brachte die Stimmung auf den Punkt: „Wir sind im Moment echt ratlos. Leider gibt es kein Handbuch.“
Symptomatisch für den schleichenden Niedergang einer einstmals hochgelobten Mannschaft war der Treffer des Tages durch Raul Bobadilla (50.). Der FCA-Angreifer konnte einschieben, nachdem zuvor Halil Altintop mühelos gleich fünf Dortmunder düpiert hatte. „Das Gegentor ist fünf, sechs Mal zu verteidigen, am Ende steht Bobadilla dann trotzdem frei“, klagte Klopp.
Zudem mangelt es im Offensivspiel an Mut und Entschlossenheit. Kopfschüttelnd verwies Hummels auf eine vielsagende Statistik: „Ich habe vor dem Spiel in der Stadionzeitschrift gelesen, dass wir in dieser Saison 270:140 Torchancen hatten und trotzdem Letzter sind. Ich bin mir ziemlich sicher, das hat es noch nie gegeben und wird es auch nie wieder geben.“
Viel wird in den kommenden Tagen davon abhängen, ob Klopp seine demoralisierten Profis wieder aufrichten kann. Selbst ein arrivierter Star wie Marco Reus wirkt zutiefst verunsichert. Wortlos suchte der in der 72. Minute ausgewechselte Nationalspieler nach dem Spiel das Weite. „Da fehlt das Zutrauen, da müssen wir ran. Wir müssen den Jungs den Glauben zurückgeben“, kommentierte der BVB-Coach.