Abwehr-SOS bei den Bayern Ancelotti erwartet „Reaktion“ vor Real-Duell
München (dpa) - Irgendwann mochte Carlo Ancelotti nicht mehr über Real Madrid sprechen. Seit dem 1:2-Frusterlebnis gegen Cristiano Ronaldo & Co. klammern sich die Bayern-Stars an die Hoffnung, mit einer Champions-League-Gala im Estadio Santiago Bernabéu doch noch das Halbfinale zu erreichen.
Aber Ancelotti lenkte den Fokus demonstrativ erst einmal auf die weitaus weniger glamouröse Aufgabe in Leverkusen. „Natürlich sind wir nicht zufrieden, aber wir müssen auf das Spiel gegen Leverkusen konzentriert sein“, forderte der Bayern-Coach am Tag vor der Partie beim Tabellenzwölften. „Meine Spieler haben sehr viel Charakter. Ich denke, wir können eine gute Reaktion zeigen.“
Mitten im Countdown vor dem Viertelfinal-Rückspiel bei Real Madrid müssen die Münchner auf dem Weg zur fünften deutschen Fußball-Meisterschaft in Serie die Pflicht gegen Bayer ordentlich hinter sich bringen: Ohne den verletzten Mats Hummels, den verletzten und gelb-gesperrten Robert Lewandowski und den nun ebenfalls angeschlagenen Jérôme Boateng. Alle drei drohen auch am Dienstag in Madrids Fußball-Tempel auszufallen. Javi Martínez fehlt dann sowieso gesperrt - SOS in der Bayern-Abwehr. In Leverkusen muss David Alaba an der Seite von Martínez ran, in Madrid könnte die Innenverteidigung Alaba/Joshua Kimmich lauten.
Nur etwas mehr als 72 Stunden liegen zwischen dem Abpfiff der Ligapartie am Rhein und dem Anpfiff des Showdowns in Spanien. „Zehn Wunder“ von Manuel Neuer, wie die spanische Zeitung „El País“ die Paraden des Welttorhüters beim 1:2 gegen die „Königlichen“ pries, werden im zweiten Teil des Königsklassen-Gipfels mit dem Titelverteidiger nicht reichen. Zuletzt verpasste der ruhmreiche Bundesliga-Krösus 2011 das Halbfinale.
„Volle Kraft voraus“, verkündete Weltmeister Thomas Müller schon das Motto. „Im Fußball gab es schon größere Geschichten.“ Doch nach dem Systemausfall in Unterzahl vom Mittwoch muss für das Weiterkommen schon ein Europapokal-Abend der Extraklasse her. „Wir sind optimistisch für nächste Woche“, erklärte Ancelotti. Der einzige Trainer, der dreimal in der Champions League triumphierte, muss in seinem Personaltableau die bitteren Ausfälle und die Belastung berücksichtigen. Wer nach dem Real-Spiel zu müde sei, bekomme eine Pause in Leverkusen, verkündete der 57-Jährige. Reichlich Weltstars auf der Bank wären am Samstag (18.30 Uhr) keine Überraschung.
Ohnehin zu Hause sollen die angeschlagenen Leistungsträger schwitzen. Die beste Kunde kam am Freitag von Torjäger Lewandowski, der nach seiner Schulterverletzung das Aufbauprogramm auf dem Rasen fortsetzte. „Fürs Rückspiel wird er zu 100 Prozent wieder da sein“, vermeldete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schon am Mittwoch den großen Mutmacher für die Partie vor 80 000 Zuschauern.
Hummels trainiert nach seiner Sprunggelenksverletzung schon wieder im Wasser, am Samstag soll eine Einheit im Sand folgen. Schon einen Tag später hofft Ancelotti, dass der Weltmeister wieder auf den Platz zurückkehrt. Boateng habe nur „ein kleines Problem an den Adduktoren“, sagte der italienische Trainer-Routinier. „Wir denken, dass er gegen Real Madrid bereit ist.“ Sicher ist das aber nicht.
Die x-te Gala von Madrids Megastar Cristiano Ronaldo, der als erster Spieler die 100-Tore-Marke im Europapokal knackte, hätte die Bayern im Hinspiel noch weitaus härter treffen können. „Wir haben trotzdem noch alles in der eigenen Hand“, sagte Neuer nach dem imposanten Kaltstart zwei Wochen nach einer Fuß-OP. Der Nationalkeeper verkörpert die Bayern-Hoffnung, denn er verließ schon einmal Madrids Fußball-Tempel als Held. Im Elfmeterkrimi rettete er die Münchner 2012 ins „Finale dahoam“. Einen Sieg gab es im Bernabéu auch schon: Am 29. Februar 2000 feierten Stefan Effenberg & Co. ein 4:2.
„Wir sind noch am Leben“, hatte Ancelotti schon in der bitteren Nacht versichert, als ein Elfmeterfehlschuss von Torschützen Arturo Vidal und der Blitz-Platzverweis für Javi Martínez Real halfen. Elf Bayern-Stars in Neuer-Form - und das vorgezogene Finale wäre sicher anders gelaufen. „Wir werden leiden, das wissen wir“, prognostizierte Real-Coach Zinedine Zidane trotzdem für das Rückspiel.