Arnesen Teamchef beim HSV - aber kein neuer Magath

Hamburg (dpa) - Bis zum Wunschtrainer muss die Notlösung her, der Hamburger SV geht mit einer unorthodoxen Personalentscheidung ins Risiko. Nach ergebnisloser dreiwöchiger Suche hat sich Sportdirektor Frank Arnesen eigenmächtig zum neuen Teamchef des Bundesliga-Schlusslichts HSV ernannt.

„Ich bin der verantwortliche Trainer, bis ein neuer anfängt. Das kann auch bis zum Winter dauern, denn es muss passen“, sagte Arnesen nach erfolgloser Gesprächsrundreise durch Europa.

„Ich übernehme die Verantwortung, weil ich sicher bin, dass es die beste Entscheidung für den HSV ist“, so Arnesen, der einräumte, ein großes Risiko mit der Entscheidung eingegangen zu sein. In Zusammenarbeit mit den Co-Trainern Rodolfo Cardoso und Frank Heinemann wird der 55-jährige Däne die Mannschaft trainieren und auch am Sonntag beim SC Freiburg betreuen. Ein neuer Felix Magath, der in dauerhafter Personalunion beim VfL Wolfsburg als Manager und Coach fungiert, will Arnesen aber auf keinen Fall werden.

Mit der endgültigen Trainernachfolge wolle er so lange warten, bis sein Gefühl ihm sage, ein Kandidat sei der richtige. Am Wochenende hatte der Sportdirektor mit dem ehemaligen Bayern-Profi Thorsten Fink vom FC Basel verhandelt, der den Champions-League-Teilnehmer allerdings erst im Januar verlassen kann.

Bei der ersten Übungseinheit unter seiner Regie begnügte sich Arnesen am Nachmittag wie die wenigen Trainingskiebitze mit der Rolle des Beobachters. Bei strömendem Regen überließ der Däne Cardoso und Heinemann die direkte Arbeit mit der Mannschaft. England-Kenner Arnesen versteht sich wie ein Trainer in der Premier League, der als Manager die Oberaufsicht hat, aber vieles delegiert. Zuletzt stand er Anfang des Jahrtausends als Übungsleiter in den Niederlanden verantwortlich am Spielfeldrand.

Arnesen ist vorerst die zentrale Figur, die das Team aus der Abstiegszone der Fußball-Bundesliga führen soll. Selbst bei einer Niederlage in Freiburg soll die Übergangslösung Bestand haben. Damit ist der ehemalige Chelsea-Vorstand beim HSV nun auch offiziell der starke Mann, der sich mit der Entscheidung angreifbar macht, aber auch Rückgrat zeigt. Er wolle nicht einfach jemanden verpflichten, nur weil er auf dem Markt verfügbar sei. Die Entscheidung über seine neue Funktion und die lange Wartezeit auf die Wunschlösung traf Arnesen ganz allein, seine Vorstandskollegen nickten sie nur ab. Geht es schief, ist das Bundesliga-Abenteuer für Arnesen wohl beendet.

Cardoso durfte wegen der fehlenden Fußballlehrer-Lizenz nicht weiter die Verantwortung beim Tabellen-Schlusslicht innehaben. Arnesen hat die notwendige Prüfung 2002 in den Niederlanden absolviert und will in Zukunft auch bei den Einheiten auf dem Platz dabei sein. Von einer „Strohmann-Lösung“ spricht man nicht beim HSV. Allerdings sagte Cardoso der Internetseite „eurosport.yahoo.de“: „Eigentlich ändert sich gar nichts. Frank ist da - und ich bin da. Zusammen machen wir das Training weiter so, wie wir es in den letzten zwei Wochen gemacht haben.“ Viel zu verändern gebe es momentan nicht - „und das wäre auch nicht von Vorteil“. Zu Arnesens Entscheidung meinte Cardoso: „Ich kann damit leben.“

Zu aussichtsreichen Kandidaten für die langfristige Nachfolge von Michael Oenning, der am 19. September entlassen worden war, wollte sich Arnesen nicht äußern. Er habe jetzt eine Doppelrolle und werde sie so lange ausfüllen, wie es sein müsse. Er werde sich auch der Kritik stellen, dass die Suche zu lange dauert: „Ich bin in der Verantwortung und muss mich daran messen lassen. Ich will einen Trainer haben, der gut ist - da können alle sagen, was sie wollen.“

Neben Fink wurde zuletzt auch der Name Dieter Hecking vom 1. FC Nürnberg gehandelt, der angeblich zum Winter eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag hat. Man sei auch bereit, eine Ablöse zu zahlen, sagte Arnesen.