Aufsichtsrat tagt im Fall Hoeneß - Adidas „sauber“

München (dpa) - Kurz vor der heiklen Aufsichtsratssitzung des FC Bayern scheint Steuersünder Uli Hoeneß zumindest vom Verdacht der Untreue befreit.

Adidas-Boss Herbert Hainer, der auch stellvertretender Chef des Kontrollgremiums beim deutschen Fußball-Rekordmeister ist, wies jede Verwicklung des Konzerns in die Steueraffäre des Bayern-Präsidenten zurück. „Wir haben das natürlich intern bei uns untersucht“, sagte Hainer. „Wir sind da absolut sauber.“

Der Millionen-Kredit des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus stehe nicht im Zusammenhang mit der Vereinbarung einer strategischen Partnerschaft des Unternehmens mit dem FC Bayern aus dem Jahr 2001, betonte Hainer. Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie gegen Hoeneß nicht wegen des Verdachts der Untreue und Bestechung ermittelt: „Die Ermittlung hat ausschließlich den Verdacht der Steuerhinterziehung zum Gegenstand.“ Allerdings wäre ein Untreuefall aus dem Jahr 2001 ohnehin bereits verjährt.

Mitten im sportlichen Höhenflug der Rekord-Bayern beschäftigt sich am Montag der Aufsichtsrat der Münchner mit dem Fall seines Vorsitzenden Hoeneß. Einige Vertreter aus dem hochkarätig besetzten Gremium wollen Hoeneß nahe legen, seine Ämter bis zur Klärung der Sache ruhen zu lassen. Der 61-Jährige aber will zumindest bis zum Champions-League-Finale am 25. Mai in London nicht abtreten.

Auf der Ehrentribüne des Wembleystadions könnte es dann auch zur Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen, die sich von Hoeneß' Steuersünde „enttäuscht“ gezeigt hatte. Noch aber hat sich die CDU-Vorsitzende nicht entschieden, ob sie zum Finale reisen wird, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert. Zu einem Gespräch mit Hoeneß sei Merkel grundsätzlich bereit. „Es gibt keine Pläne für ein solches Gespräch, aber das mag sich einmal ergeben“, sagte Seibert.

Seit dem Bekanntwerden seiner Selbstanzeige und der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung steht Hoeneß unter enormem öffentlichem Druck. „Natürlich spüre ich diesen Druck. Sie glauben gar nicht, was ich alles spüre. Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist“, sagte Hoeneß der „Zeit“.

In der umfassenden Interview-Beichte hatte der Vereinspatron auch ausführlich über die zumindest seltsam anmutenden Finanzspritzen des Franzosen Louis-Dreyfus gesprochen. Nach schweren Verlusten an der Börse habe ihm der Adidas-Chef Geld angeboten. „Dann hat er irgendwann gesagt, nee, Uli, das kannst du jetzt alles selber machen. Und mach dir keine Gedanken über die Kohle, ich habe genug davon“, erklärte Hoeneß.

In dieser Zeit vereinbarten Adidas und der FC Bayern auch ihre strategische Partnerschaft. Dennoch gebe es zwischen diesem Privatgeschäft sowie dem Engagement des Konzerns bei Bayern München keinen Zusammenhang, betonte der aktuelle Adidas-Boss Hainer. Louis-Dreyfus sei zum Zeitpunkt der Verhandlungen bereits nicht mehr in das Tagesgeschäft involviert gewesen. Und weder er selbst als Louis-Dreyfus' Nachfolger noch irgendjemand anderes im Unternehmen habe etwas von dem Kredit gewusst.

Auch Hoeneß hatte in einem Interview der „Zeit“ erklärt: „Robert hatte mit dem Deal gar nichts zu tun.“ Die Entscheidung für die Partnerschaft mit Adidas sei gefallen, weil es sich um ein deutsches Unternehmen handle und der FC Bayern lange vertrauensvoll mit Adidas zusammengearbeitet habe. „Ich hätte gerne das Geschrei gehört, wenn wir uns für Nike entschieden hätten und damit bei Adidas möglicherweise viele Arbeitsplätze in Gefahr gebracht hätten“, sagte Hoeneß. „Es muss doch möglich sein, es so lange zu erklären, bis dieses Geschmäckle weg ist“, fügte er hinzu.

Mit Blick auf Hoeneß' Steueraffäre sagte Adidas-Chef Hainer: „Die Medien und die Öffentlichkeit sollten nicht den Fehler machen, Uli Hoeneß vorzuverurteilen. Ich zumindest tue es nicht.“ Hoeneß wisse selbst am besten, dass er „einen Riesenfehler gemacht“ habe. Doch auch wenn Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei, gebe es in Deutschland nun mal das Mittel der strafbefreienden Selbstanzeige.

Offen ist aber noch, ob dies im Fall Hoeneß wirksam wird. Gegen Hoeneß lag sogar ein Haftbefehl vor, der inzwischen außer Vollzug gesetzt ist. Staatsanwälte und Steuerfahnder durchsuchten am 20. März sein Haus am Tegernsee. Die Ermittler haben offenbar Zweifel daran, dass Hoeneß in seiner Selbstanzeige alle notwendigen Angaben gemacht hat. Sollte es nicht so sein, droht Hoeneß eine Anklage und im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass meine Selbstanzeige, in der ich reinen Tisch gemacht habe, wirksam ist“, versicherte der Bayern-Patriarch.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sieht im Fall Hoeneß „eine gewisse Tragik“. Der Bayern-Präsident habe „unzweifelhaft seine Verdienste“, sagte Steinbrück dem ZDF-„Morgenmagazin“. Dies werde jetzt „sehr stark in Zweifel gesetzt“. Steinbrück bekräftigte aber: „Er muss so behandelt werden wie alle anderen Bürger auch.“

Zumindest Adidas will zwischen dem Fall Hoeneß und seinem Lebenswerk FC Bayern klar trennen. Auf das Engagement des weltweit zweitgrößten Sportartikelkonzerns bei den Münchnern werde die Affäre aber keine Auswirkungen haben, versicherte Boss Hainer und sagte: „Natürlich werden wir Aktionäre beim FC Bayern München bleiben. Wir sind mit der Zusammenarbeit absolut zufrieden.“