Banges Warten für Steuersünder Hoeneß beginnt
München (dpa) - Nach der kurzen Auszeit beim rauschhaften Sieg über den FC Barcelona hat für Steuersünder Uli Hoeneß das lange Warten auf die Staatsanwälte aufs Neue begonnen.
„Ich kann nicht sagen, wann die Ermittlungen beendet sind. Das lässt sich einfach nicht sagen“, bekräftigte Behördensprecher Ken Heidenreich von der für den brisanten Fall zuständigen Staatsanwaltschaft München II.
Nur eines scheint klar: Beim Halbfinal-Rückspiel der Champions League am Mittwoch in Spanien wird der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München im Stadion mitfiebern - trotz des gegen ihn bestehenden Haftbefehls, der außer Vollzug gesetzt ist. „Er wird selbstverständlich mit dabei sein - wie immer“, betonte Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick, bemüht um Normalität.
Die entscheidende Frage aber ist, wann die Ermittler zu der Entscheidung kommen, ob sie Anklage gegen Hoeneß erheben und damit den Druck auf den Bayern-Patriarchen noch weiter erhöhen. Eine Gefängnisstrafe indes ist für Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer „unvorstellbar. So weit sollte es doch nicht kommen. Ich drücke ihm die Daumen, dass er die Sache regeln kann“, sagte Beckenbauer der „Bild“-Zeitung.
Die Staatsanwaltschaft schweigt dazu - wie zum gesamten „Inhalt und Gang des Ermittlungsverfahrens“, wie Sprecher Heidenreich betonte. Geduld ist angesagt - auch für Hoeneß selbst.
Dabei wird der Fall nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa nach der bisherigen Planung am kommenden Montag den Aufsichtsrat der FC-Bayern-AG beschäftigen. Dabei sollen auch die Steuer-Affäre des Club-Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden Hoeneß und die weitere Vorgehensweise zur Sprache kommen. Zunächst war geplant gewesen, dass die Verpflichtung von Mario Götze von Borussia Dortmund im Mittelpunkt steht. Der Verein erklärte auf Nachfrage, es sei kein Treffen des Gremiums am Montag geplant.
Einen Rücktritt von seinen Ämtern hat Hoeneß bislang abgelehnt. Am Samstag war bekanntgeworden, dass die Staatsanwaltschaft München II wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen ihn ermittelt. Er hatte im Januar über seinen Steuerberater beim Finanzamt eine Selbstanzeige im Zusammenhang mit einem Konto in der Schweiz eingereicht. Im März wurde der am Tegernsee lebende Hoeneß sogar vorläufig festgenommen. Gegen den 61-Jährigen liegt nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ ein Haftbefehl vor, der lediglich außer Vollzug gesetzt wurde. Dies wurde der dpa aus Justizkreisen bestätigt.
Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger bekräftigte, dass er den deutschen Fußball durch die Steueraffäre geschwächt sehe. „Zunächst einmal wird dieser Vorgang uns international zurückwerfen“, sagte er in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Wer kann denn in Asien, Afrika oder in den anderen Konföderationen jetzt noch ernsthaft glauben, dass die Deutschen sauber sind?“ Der Fall Hoeneß könne aber auch zu einer transparenteren Diskussion „über angemessene Vergütung, Boni, Steuern und Ehrenamt“ führen, erklärte der ehemalige Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und die Staatsregierung waren bereits seit Januar über die Ermittlungen gegen Hoeneß informiert. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des bayerischen Grünen-Fraktionschefs Martin Runge hervor. Das Finanzministerium wurde demnach am 17. Januar über Hoeneß' Selbstanzeige informiert, Seehofer dann am 25. Januar über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, wie es in dem am Donnerstag von Runge veröffentlichten Schreiben heißt. Informiert über das Hoeneß-Verfahren waren demnach drei bayerische Ministerien: Finanz-, Justiz- und Innenressort.
Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, kritisierte eine Verletzung des Steuergeheimnisses im Fall Hoeneß. Jeder Steuerpflichtige müsse sich darauf verlassen können, „dass die Vertraulichkeit und Verschwiegenheit der Finanzbeamten gewahrt bleibt“, sagte der frühere Bundesverfassungsrichter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Zuspruch erhielt Hoeneß von der Dominik-Brunner-Stiftung. „Wie kann unsere Gesellschaft noch Vorbilder haben, wenn wir von ihnen übermenschliche Perfektion in allen Lebensbereichen erwarten? Ein Mensch kann in manchen Bereichen falsch handeln - und jeder von uns macht Fehler — und dennoch in anderen Bereichen weiterhin als Vorbild dienen“, schrieben die Vorstandsmitglieder der Einrichtung in einem offenen Brief an den Bayern-Präsidenten. Hoeneß ist bei der Stiftung als wichtiger Geldgeber zugleich Vorsitzender des Kuratoriums. „So wie wir Sie kennengelernt haben, sind wir überzeugt, dass Sie für Ihr Handeln persönlich geradestehen und dem öffentlichen Sturm tatkräftig begegnen werden“, hieß es in dem Brief weiter.