Bayer als Verlierer der 3:3-Torparty
Leverkusen (dpa) - Spektakulär, berauschend und wild! Die Tor-Party von Bayer Leverkusen und Werder Bremen hatte trotz des 3:3 einen Sieger: Das Publikum.
„Das war beste Unterhaltung und ein tolles Spiel“, urteilte Bayer-Cheftrainer Roger Schmidt, der aber auch seine Katerstimmung nicht verhehlte. „Es hätte nur einen Sieger auf dem Platz geben dürfen - und das waren wir. Das 1:1 zur Halbzeit sei „ein Witz“ und ein 5:0 wäre der angemessene Pausenstand gewesen.
Beim Chancenfestival der von ihm auf permanente Attacke getrimmten Werkself traf in der ersten Hälfte nur Tin Jedvaj in der 17. Minute - es war zugleich das 2000. Bayer-Tor in der Bundesliga. Gleich dreimal ging der Ball aber ans Aluminium. „Das ist Fußball im wahrsten Sinne des Wortes“, meinte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler. „Es fällt mir schwer von einem verdienten Unentschieden für meinen Ex-Verein Werder zu sprechen.“
Die Leverkusener waren zwar die dominante Kraft in der BayArena und hatten viel Pech. Sie offenbarten aber ebenso die Schwachstelle ihres totalen Offensivfußballs: Die Defensive. Zuvor war die Schmidt-Truppe zwar fünfmal als Sieger in Pflichtspielen vom Platz gegangen, doch in den vergangenen zwei Partien kassierte sie auch fünf Gegentore. „Wir sind nun gewarnt“, sagte Bayer-Torwart Bernd Leno mit Blick auf den Start in die Champions League am Dienstag bei AS Monaco, der ebenfalls am Freitag 1:2 gegen Olympique Lyon verlor. „Da müssen wir hundertprozentig dicht machen.“
Bayer 04 war zwar eindeutig spielstärker und besser, die Bremer jedoch äußerst clever im Ausnutzen der wenigen Konterchancen. Das 0:1 glich Fin Bartels (45.) aus, Franco di Santo (60.) gelang das 2:1 und Sebastian Prödl (85.) das 3:3 für die Gäste. Hakan Calhanoglu (63.) und Heung-Min Son (73.) erzielten die weiteren Tore für die Gastgeber. „Nach dem 1:0 war der Leverkusener Zug kaum aufzuhalten“, sagte Werder-Coach Robin Dutt und sprach von „mehr als Glück“ bei den Latten- und Pfostenschüssen der Platzherren, fügte mit Genugtuung aber hinzu: „Da hätten sie den Sack zumachen können. Doch das haben sie nicht. Und genau das ist ein Fehler gegen uns.“
Das Ende der Siegesserie und die hohe Gegentore-Quote ist für Bayer kein Grund, nun das aggressive Pressingspielsystem neu zu justieren. „Wenn man dreimal gegen Latte und Pfosten schießt, braucht man nicht über einen Lernprozess sprechen“, meinte Völler. „Da muss man nächstens Mal nicht dreimal gegen Latte und Pfosten, sondern den Ball reinschießen.“
Auch sein Trainer sieht keinen Grund zu Kurskorrekturen. „Die Mannschaft ist in einem super Zustand“, sagte Schmidt. Bedenken, dass die Bayer-Profis der kraftraubenden Spielweise in den drei englischen Wochen mit sieben Partien Tribut zollen könnten, hat er keine. „Wir haben zuletzt in 14 Tagen fünf Spiele auf diesem Niveau gezeigt, warum dann nicht sieben in drei Wochen“, meinte der 47-Jährige.
Obwohl es nur das dritte Remis für die Bremer in der dritten Liga-Partie war, feierten sie es wie einen Erfolg. „Die Moral, die wir entwickelt haben, ist schwer zu knacken“, freute sich Manager Thomas Eichin. „Das ist der Werder-Geist und der ist momentan schwer zu schlagen.“ Bremens Kapitän Clemens Fritz zeigte sich ebenso mit dem Punktgewinn beim Titelmitfavoriten zufrieden, hofft aber auf einen schnellen Sieg - möglichst am nächsten Spieltag beim FC Augsburg. „Wenn wir immer unentschieden spielen, macht man keine großen Schritte und dann wird es am Ende auch eng“, warnte er.