Bundesliga Bayer Leverkusen: Explosion oder Strohfeuer?
Die "Werkself" triumphiert im West-Duell, zeigt aber erneut zwei Gesichter. Wohin ihr Weg führt, ist weiterhin offen.
Mönchengladbach. Es war ein Bild mit Symbol-Charakter. Als Joel Pohjanpalo in der 81. Minute mit dem 5:1 den Schlusspunkt zum Sieg von Bayer Leverkusen bei Borussia Mönchengladbach gesetzt hatte, da spannte sich ein Regenbogen über dem Stadion. Die "Werkself" hatte eine leuchtende Halbzeit auf den Rasen gezaubert, doch die Sonne kam erst nach viel Regen heraus. Dabei pendelte das Farbspektrum der Leistung im Team von Trainer Heiko Herrlich zwischen Kreisliga und Weltklasse. "Es ist schwer, dieses Spiel zu erklären", sagte Herrlich dann auch als erstes.
Von Euphorie keine Spur. Weder beim Trainer noch bei seinen Spielern. Kein lauter Jubel tönte aus der Kabine, schon gar keine dröhnende Musik. Und das nach einem 5:1. In Gladbach. "Das war trotz des deutlichen Ergebnisses ein glücklicher Sieg für uns. Bernd Leno hat uns am Leben gehalten und die Borussia danach leben lassen", sagte Herrlich. Torhüter Leno meinte: "Ich war froh, als der Schiedsrichter zur Halbzeit pfiff" und Innenverteidiger Sven Bender erklärte: "Gladbach war uns vor der Pause haushoch überlegen."
Der "Werkself" waren ihre Defizite schonungslos aufgedeckt worden. Es gab keine geordnete Raumaufteilung, um den Spielaufbau des Gegners zu kontrollieren - dazu ging jeder Zweikampf im Mittelfeld verloren und das defensive Zentrum zeigte sich einmal mehr als fragiles Gebilde. Herrlich hatte durch den ins Mittelfeld zurückgezogenen Volland tiefer stehen wollen, um mehr Kompaktheit zu erlangen. Ein Plan, der komplett fehlschlug. Erst die Umstellung zur Pause änderte das Bild und zeigte Leverkusens kombinationstechnische Gabe im Angriff. "Mit drei Stürmern hat es besser geklappt", sagte Herrlich und fügte hinzu: "Das haben wir in München ja schon mal so gemacht."
Seinerzeit am ersten Spieltag aber hatte der FC Bayern zur Pause schon mit 2:0 geführt und kurz nach dem Wechsel das 3:0 nachgelegt, so dass Leverkusens Umstellung keine Früchte mehr trug. Warum Herrlich trotz der damaligen Erkenntnisse nun erneut den Versuch dieser Aufstellung unternahm, ließ sich auch auf Nachfrage nicht ergründen. Der junge Trainer sucht offenbar noch nach der idealen Lösung, um seiner jungen Mannschaft zur gewünschten Konstanz zu verhelfen. "Die brauchen wir dringend. Heute aber waren die Umstellungen zur Pause für den Erfolg von elementarer Bedeutung", sagte Angreifer Julian Brandt.
Besonders der eingewechselte Brandt wirbelte im Verbund mit dem nun als Spitze agierenden Volland sowie dem immer stärker aufdrehenden Leon Bailey, dass den Gladbachern Hören und Sehen verging. "Leon explodiert gerade förmlich und mit seinen Eckbällen bekommen unsere Standards eine ganz andere Qualität", sagte Innenverteidiger Jonathan Tah. Brandt wiederum meinte, dass nach dem Dosenöffner des von Sven Bender mit Glück über die Linie gedrückten 1:1 (48.) die gut ausgespielten Konter eine regelrechte Leichtigkeit verliehen haben. "Da war dann fast jeder Schuss ein Treffer", sagte Tah über die Tore von Bailey (59.), Brandt (61.), Volland (69.) und Pohjanpalo.
Doch war dies jetzt die richtungsweisende Explosion oder lediglich ein durch glückliche Fügungen entzündetes Strohfeuer? "Wir haben gezeigt, was in einem Spiel alles möglich ist, in einer Saison jedoch ist Kontinuität gefragt", meinte Herrlich. Brandt hofft, dass mit der Art des Sieges in Gladbach ein mentaler Schritt gelungen ist. Schon am Dienstag im DFB-Pokal gegen Union Berlin und danach im Derby gegen den 1. FC Köln muss sich die Nachhaltigkeit dieses Erfolgserlebnisses zeigen. Ein Regenbogen ist zwar schön, bedeutet aber eben auch Regen.