Nach Guardiola-Abgang Bayern basteln weiter am Ancelotti-Kader - bleibt Götze?
50 Tage nach der Münchner Double-Feier auf dem Rathausbalkon startet beim FC Bayern eine neue Ära: Unter Carlo Ancelotti will der Rekordchampion den nächsten Angriff auf Europas Krone starten. Noch aber wird vor allem der weiterziehende Pep Guardiola gerühmt.
München. Nach dem gefühlvollen Servus genießt Pep Guardiola München noch ein paar Tage als Privatier. Die Bayern-Bosse basteln schon weiter am Super-Kader für den neuen Welttrainer. 50 Tage nach der großen Münchner Double-Party auf dem Rathausbalkon trommelt Carlo Ancelotti die Bayern-Stars am 11. Juli zum ersten Training zusammen. „Wir haben drei Jahre einen ganz großen Trainer hier erlebt. Ich hoffe sehr, dass Carlo Ancelotti ähnlich erfolgreich ist“, lobte der ehemalige Präsident Uli Hoeneß und mahnte zugleich: „Wir sollten nicht Carlo Ancelotti in den Himmel heben, weil das auch etwas Licht von Pep Guardiola wegnimmt.“
Sieben Titel in drei Jahren lautet die stolze Ausbeute des zu Manchester City weiterziehenden Katalanen, das dreimalige Scheitern im Halbfinale der Champions League hat den Hunger nach Triumphen in Europa nur noch größer gemacht. Anders als Guardiola, der im Sommer 2013 den gepriesenen Triplesieger von Jupp Heynckes übernahm, trifft der dann 57-jährige Ancelotti bei seinem Münchner Start auf ein Ensemble mit großer Gier auf den Königsklassen-Titel, den der Italiener als Trainer schon dreimal gewann.
„Als wir den Wechsel im Dezember vollzogen haben, hat Pep zu mir gesagt, da habt ihr Euch einen Klassetrainer ausgesucht“, berichtete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Die beiden haben ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis.“ Die Bayern sollen sich mit Ancelotti, der fleißig Deutsch lernt, schon in London ausgetauscht haben.
Guardiola hinterlässt eine hochkarätig besetzte Mannschaft, die auf höchstem Niveau taktisch so flexibel wie wohl noch nie in der Bayern-Historie spielt. Mats Hummels (Dortmund) und Renato Sanches (Benfica) stehen als Großeinkäufe fest. Das Gerüst mit einer Achse von bis ins Jahr 2021 an den Verein gebundenen Leistungsträgern steht ohnehin. Die Zeit von Leihkraft Serdar Tasci bei den Bayern ist dagegen vorbei, auch Pierre-Emile Højbjerg (verliehen an FC Schalke 04) spielt keine große Rolle mehr in den Planungen.
Spekuliert wird über Transfers von Medhi Benatia oder Sebastian Rode - und über die besonders heiße Personalie Mario Götze. „Warten wir es ab“, sagte Rummenigge auf die Frage, wie der Markt und die EM die Zukunft des 23-Jährigen beeinflussen würden. Der Offensivspieler passt erst einmal sein Umfeld an und gibt „das Management in die Hände meiner Familie“, wie er erklärte. „Jetzt will ich mich aber ohnehin erst mal auf die EM konzentrieren“, betonte Götze und plant vor dem Start in die Turnier-Vorbereitung keinen Vereinswechsel. „Ich freue mich auf die neue Saison in München und werde alles daran setzen, bei meinem ersten Training unter Carlo Ancelotti topfit anzutreten“, sagte Götze der „Bild“ (online).
Unklar, ob es weitere Großeinkäufe geben wird
Rummenigge ließ offen, ob es weitere Großeinkäufe beim Doublesieger geben wird. „Wir werden jetzt die Kaderplanung voran schreiten lassen und dann werden wir weitersehen“, sagte Rummenigge. „Was wir machen, hängt ein bisschen auch von den Ansprüchen ab, die wir haben.“ Vor der vergangenen Saison tat die Kader-Auffrischung durch den starken Arturo Vidal und Pokal-Siegtorschützen Douglas Costa den Münchnern ebenso gut wie die Zukunfts-Verpflichtungen von Kingsley Coman (19 Jahre) und Joshua Kimmich (21). Beide überzeugten schon in der Gegenwart.
Auf allen Positionen sind die Bayern aktuell herausragend besetzt, mittelfristig muss auf der rechten Defensivflanke die Nachfolge des 2018 in den Ruhestand gehenden Kapitäns Philipp Lahm geregelt werden. Extrem hohe Summen wie für Hummels und Sanches werden die Münchner auch künftig in die Hand nehmen. „Ich denke, dass in den nächsten Wochen und Monaten die Summen, die wir da bezahlt haben, noch weit, weit übertroffen werden“, prognostizierte Rummenigge.
Einen beträchtlichen Teil wird Manchester City wohl ausgeben, denn Guardiola will seine auf drei Jahre anvisierte Zeit nach seinen Vorstellungen - und vermutlich mit dem Noch-Dortmunder Ilkay Gündogan - beginnen. „Ich muss so schnell wie möglich die Premier League kennenlernen, interpretieren und einen guten Kader machen“, sagte der Katalane, der kürzlich davon sprach, sein Domizil im Herzen Münchens behalten zu wollen. „Wir waren immer ein toller Fußballverein mit großen Erfolgen. Die Tatsache, dass Pep Guardiola hier gearbeitet hat, hat dem FC Bayern einen sehr internationalen Anstrich gegeben“, lobte Hoeneß, der sich nach einem halbstündigen Vier-Augen-Gespräch im Büro sehr auf Ancelotti freut. Und die Bayern-Fans freuen sich auf Hoeneß' Entscheidung: Denn im Sommer will er bekanntgeben, ob er nach seiner Haftentlassung noch einmal für das Präsidentenamt kandidieren will.