Bundesliga Bedrohung oder Chance?

Die Premier League schmeißt dank ihres TV-Vertrags mit Millionensummen um sich. Die Bundesliga sucht, daraus Profit zu schlagen, ohne abgehängt zu werden.

Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl Heinz Rummenigge, warnt.

Foto: Peter Kneffel

Düsseldorf. Am Freitag hat Karl-Heinz Rummenigge wieder einmal eine Warnung an die deutsche Fußball-Liga entsendet: „Wer den Transfermarkt verfolgt, sieht, mit welchen Aktivitäten da in England im Augenblick gearbeitet wird. Die Bundesliga muss aufpassen, dass sie nicht leergekauft wird von England.“ Der Grund dieser Warnung betrifft weniger den FC Bayern als sein Gefolge: Die englische Premier League hat für die Spielzeiten von 2016 bis 2019 einen TV-Vertrag mit einem maßlosen Volumen von 6,9 Milliarden Euro über die konkurrierenden Bezahlsender Sky und BT Sport abgeschlossen.

Zum Vergleich: Die Bundesliga erlöst im laufenden Vierjahresvertrag insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Noch eine Hausnummer: Die DFL plant für die Saison 2016/17 mit Gesamteinnahmen in Höhe von 835 Millionen Euro. Der Unterschied liegt vor allem darin begründet, dass Bezahlsender Sky hier auf dem herkömmlichen TV-Markt konkurrenzlos bietet und die Haushaltsabdeckung an Bezahl-TV in Deutschland weitaus niedriger ist als in England.

Auch der Mainzer Manager Christian Heidel hat England als „unsere neue Konkurrenz“ identifiziert. Die Situation betreffe vor allem die Clubs aus „der Mitte und dem unteren Bereich der Bundesliga“. Ralf Rangnick, finanziell durchaus überdurchschnittlich ausgestatteter Trainer des Noch-Zweitligisten RB Leipzig, mahnte, im Sommer 2016 würden „die wildesten Sachen passieren. Jeder Aufsteiger in England hat dann schon einmal von vornherein 150 Millionen Euro TV-Geld“. Und könne problemos ein Gesamtvolumen von 200 Millionen Euro bewegen. Rangnick: „Das ist ein Level, das bei uns Borussia Dortmund besitzt.“

Beim 1.FC Köln und Borussia Mönchengladbach werden derzeit Spielereinkäufe auch damit erklärt, ähnliche Kaliber 2016 nicht mehr zu bekommen. Kölns Trainer Peter Stöger sagte dem „kicker“: „Wenn es für uns in diesem Sommer die Möglichkeit gibt, interessante Spieler zu holen, müssen wir das auch machen. Vielleicht bekommt man im nächsten Sommer diese Spieler nicht mehr.“

Die gewaltigen Unterschiede wirken sich schon jetzt aus. Die Preise am internationalen Markt explodieren. Der Marktwert von Wolfsburgs Kevin de Bruyne, so befand Spielerberater Lars-Wilhelm Baumgarten gegenüber „Sport1“, habe sich von 35 auf 70 Millionen Euro verdoppelt. Der FC Liverpool zahlte für den Hoffenheimer Brasilianer Roberto Firmino (23) 41 Millionen Euro - Wert verzehnfacht. Ein gutes Geschäft, aber auch eine Kampfansage: Im Gefecht um gute Kicker hat die Premier League starke Argumente. Wer zuerst aufs Geld schielt und die sportliche Perspektive auch schon mal außer Acht lässt, der wird dem Lockruf erliegen.

Selbst Leicester City aus dem unteren Segment gab für den 30 Jahre alten bis 2016 unter Vertrag stehenden Mainzer Japaner Shinji Okazaki zehn Millionen Euro aus. Mainz freut sich über die Einnahmen — und muss jetzt wie so viele deutsche Vereine nach alternativen Wegen suchen. Ausbildung intensivieren und Infrastruktur ausbauen (Heidel: „Aus Okazaki wird hier ein neuer Rasenplatz“), dazu junge Spieler holen und ausbilden. Es ist kein Zufall, dass Leverkusen bereit war, für den 19 Jahre alten Jonathan Tah, der in Düsseldorf eine durchschnittliche Zweitliga-Saison gespielt hat, fast zehn Millionen Euro auszugeben. Der 1,92-Meter-Innenverteidiger schlägt entweder ein oder wird als in England vom Spielertyp her bevorzugter Charakter Begehrlichkeiten wecken. Zehn Millionen sind dann schnell wieder reingeholt. Wahrscheinlich werden es mehr.