BVB reloaded - Bayern trotzig: „Schnauze abputzen“
München (dpa) - Ausgelassen tanzten die Dortmunder Meisterjungs nach dem 1:0-Sieg über den Rasen, ungläubig schlichen die schon wieder abgewatschten Bayern vom Platz - alles wie vor neun Monaten.
Und dennoch hatte der schwarz-gelbe Jubel dank Jungstar Mario Götze nur äußerlich viel gemein mit dem demütigenden 3:1-Triumph des BVB in München am 24. Spieltag der Vorsaison. „Klar, diese Niederlage schmerzt“, stöhnte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge: „Aber vor ein paar Monaten war es eine Lektion, heute war es eine unglückliche Niederlage.“
16 Punkte betrug der BVB-Vorsprung auf die gestürzten Bayern im vergangenen Februar - der Weg zum siebten Meistertitel der Borussia war frei. „Jetzt haben wir noch zwei Punkte Vorsprung und sind Tabellenführer. Wir können aus der Position der Stärke die Dinge von oben anschauen“, verkündete Rummenigge trotzig.
„Kein Grund zur Panik“, betonte auch Arjen Robben, dessen Überraschungscomeback in der Bayern-Startelf verpuffte wie alle Offensivversuche des Spitzenreiters in der gesprengten Heimfestung Allianz Arena. Der Münchner Bundesliga-Alleingang ist abgesagt.
„BVB reloaded“ lautete das Stück, das vor 69 000 Zuschauern aufgeführt wurde. „Wir sind einfach eine geile Truppe“, tönte BVB-Lautsprecher Kevin Großkreutz. Dortmund zerlegte die Bayern nicht wieder spielerisch. Es zermürbte sie mit einer Hingabe, die Jürgen Klopp überwältigte. Von einem „Riesenentwicklungsschritt meiner Mannschaft“ schwärmte der Meistercoach: „Es war kein Hurra-Fußball. Es war nicht so, dass wir die Sterne vom Himmel gespielt hätten, wir haben die Sterne vom Himmel verteidigt.“
Das BVB-Kollektiv investierte viel mehr in diesen verbissenen Stellungskampf. Über zehn Kilometer höher lag die Laufleistung der Borussia (121,4 zu 110,9). Das Abwehrnetz hielt dicht von vorne bis hinten zu Torwart Roman Weidenfeller, der den Sieg am Ende sicherte. „Gegen uns ist es nicht so einfach wie gegen andere Mannschaften“, stichelte Nationalspieler Mats Hummels - nach fünf Gala-Heimsiegen mit 23:0 Toren erlebten die Bayern eine harte Bauchlandung.
„Alle die, die gemeint haben, die Meisterschaft ist Weihnachten entschieden, können sich auf eine spannende Saison freuen“, erklärte Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger mit süß-saurer Miene. „Für einen Sieg muss man mehr investieren“, meinte Nationalspieler Toni Kroos selbstkritisch. „Wir waren zu brav, wir haben kein Tempo gespielt. Und unser Kollektiv-Defensivverhalten war nicht so ausgeprägt wie gewohnt“, rügte Jupp Heynckes.
Von einem „typischen 0:0-Spiel“ sprach der verärgerte Bayern-Coach. Mit dem Einbau von Robben und dem Umbau seines Offensiv-Quartetts hatte sich der 66-Jährige auch selbst verzockt. Zudem fehlte Bastian Schweinsteiger als Chef im Mittelfeld doch „sehr“, wie Philipp Lahm zugab: „Wir waren nicht in Topform.“
Der BVB war wacher, heißer, zupackender - so wie der von den Bayern umworbene Götze beim K.o.-Hieb in der 65. Minute. „Es war sehr dubios. Aus dem Getümmel heraus ist der Ball glücklicherweise zu mir gefallen. Ich habe dann am schnellsten geschaltet - und dann war er drin“, schilderte der 19-Jährige die alles entscheidende Szene.
„Mario Götze hat das ohne Frage klasse gemacht“, kommentierte Rummenigge. Die Münchner Begehrlichkeiten nach dem Supertalent wird das Tor noch gesteigert haben, auch wenn Rummenigge bremste - fürs erste: „Ich glaube, wir sollten jetzt diese Dinge zu den Akten legen, weil sie überhaupt keine Aktualität wiedergeben.“
Aktuell ist: Die Liga ist wieder spannend. „Das Ganze ist jetzt an der Spitze zusammengewachsen“, stellte Rummenigge fest. „Wir sehen die Bayern wieder“, jubilierte Klopp - schwarz-gelbe Kampfansagen aber blieben aus. „Wir sind mit unserer Bescheidenheit in der letzten Saison gut gefahren“, betonte Vereinspräsident Reinhard Rauball.
Wertvoller für den Moment war für die Borussia der Rückenwind beim Start in die Woche der Wahrheit mit dem Champions-League-Spiel in London beim FC Arsenal und dem Derby-Hit danach gegen Erzrivale Schalke. „Wir brauchen nicht vom Titel zu sprechen. Wir sind einfach froh, dass wir den Anschluss haben. Und für die Woche war es sehr motivierend“, erklärte Matchwinner Götze. Auch die Bayern müssen ganz schnell wieder aufstehen: „Schnauze abputzen - und gegen Villarreal gewinnen“, verordnete Boss Rummenigge.