Cardoso küsst HSV wach - Stevens in Startlöchern

Stuttgart (dpa) - Frohnatur Rodolfo Cardoso hat den HSV wachgeküsst - nun soll der knorrige Huub Stevens die Hamburger wieder auf die Beine stellen.

Mit dem ersten Saisonsieg bereitete Nothelfer Cardoso in Stuttgart den Boden für die erhoffte Aufholjagd, die wohl schon von Montag an Stevens fortsetzen soll. Nur noch die Vertragsunterschrift des Niederländers fehle, berichteten Hamburger Medien. „Es gab Gespräche, aber es gab keine Gespräche, die bestätigen, dass ich HSV-Trainer bin“, sagte Stevens indes dem TV-Sender „Liga total“.

Auch HSV-Sportchef Frank Arnesen und Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow wollten die Stevens-Rückkehr zum Fußball-Bundesligisten nicht bestätigen. Jarchow nannte sogar erneut Marco van Basten als weiteren Kandidaten. Cardoso indes dürfte nach dem 2:1 (0:1)-Sieg beim VfB, der klar seine offensive Handschrift trug, wohl höchstens noch beim nächsten Heimspiel gegen den FC Schalke 04 die Verantwortung tragen. Er selbst betonte nach dem ersten „Dreier“ nach 13 sieglosen Bundesligaspielen unter dem glücklosen Michael Oenning: „Ich glaube, dass war die Wende. Und ich werde auch im nächsten Spiel noch auf der Bank sitzen.“

Eine Rückkehr aber ausgerechnet gegen Schalke, ebenfalls einer seiner Ex-Arbeitgeber, wäre für Stevens ein ganz besonderer Einstand. Schon von Februar 2007 bis Juni 2008 war er Trainer beim Bundesliga-Dino. Sein Interesse am HSV-Job hatte der 57-Jährige, der seit seiner Entlassung bei RB Salzburg im April arbeitsuchend ist, unter der Woche signalisiert („Ich bin bereit!“).

„Da ist noch nichts fix“, sagte HSV-Vorstandsboss Jarchow zu der Personalie. „Wir sprechen mit mehreren Leuten. Bis zur Länderspielpause nach dem Heimspiel gegen Schalke werden wir entscheiden“, erklärte er am Samstag. Auch Arnesen mauerte: „Ich spreche darüber erst, wenn es eine Verpflichtung gibt.“ Von Arnesen ist bekannt, dass er eine „Neun-Monats-Lösung“ favorisiert - und Stevens hatte den HSV 2007 als „Feuerwehrmann“ auf dem letzten Platz übernommen und über den UI-Cup sogar noch in den UEFA-Cup geführt.

Dabei scheint der eigentliche U-23-HSV-Coach Cardoso ein Junge-Leute-Konzept und eine Spielphilosophie mitzubringen, wie sie Arnesen langfristig beim HSV etablieren will. Der Ex-Spielmacher aus Argentinien ließ erstmals die blutjunge Offensiv-Dreierreihe aus Zhi Gin Lam, Heung Min Son und Gökhan Töre spielen. Der 20-jährige Deutsch-Chinese Lam aus der HSV-Reserve gab eine ebenso überraschende wie überzeugende Bundesliga-Premiere in der Startelf, laut Arnesen ein „Traumdebüt“. Der erst 19 Jahre alte Innenverteidiger Jeffrey Bruma hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt (51. Minute), nachdem Martin Harnik den VfB (18.) in Führung gebracht hatte.

Siegtorschütze Robert Tesche vollführte nach seinem Klasse-Volley (67.) begeistert einen Salto und symbolisierte damit auch die neue gute Laune unter Interimscoach Cardoso. „Ich habe die Mannschaft geweckt und ihr wieder Selbstvertrauen gegeben“, sagte der 42-jährige Cardoso bei der Pressekonferenz mit spitzbübischem Lächeln. Auf seinem Weg durch die Stadion-Katakomben klapste er überschwänglich Mladen Petric im Vorbeilaufen ein paar Mal auf den Hintern. „Seine Ansprache war lustig und gut“, erzählte Petric.

Während sich der VfB von seinem kritischen Publikum nach dem verpassten dritten Sieg in Serie wieder einige Pfiffe anhören musste, wurde Cardoso von den mitgereisten 2200 HSV-Anhängern gefeiert. Ob es unter Stevens dann nicht schon wieder vorbei sei mit Offensivfußball, wurde Cardoso prompt gefragt. Da wurde der höfliche Argentinier dann doch etwas nachdenklich, zog die Schultern hoch und mochte mit keiner Antwort zitiert werden.