Cardoso leistet Erste Hilfe - HSV sucht Retter

Hamburg (dpa) - Als Rodolfo Cardoso selbstbewusst seine Erste-Hilfe-Mission beim kriselnden HSV antrat, intensivierte die Chefetage die Suche nach dem Retter des abstiegsgefährdeten Hamburger Fußball-Bundesligisten.

Die Handys standen nicht still, als Sportchef Frank Arnesen und Clubchef Carl-Edgar Jarchow am Tag nach Michael Oennings Entlassung bei der ersten Übungseinheit unter der Leitung von Interimscoach Cardoso im Volkspark zusahen. „Was wollt Ihr alle? Ich habe nichts Neues zu sagen“, rief Jarchow, als ihn die Schar der Journalisten und Kamera-Teams trotz Sonnenbrille als Tarnung verfolgte, um die Weiterentwicklung in der Trainerfrage zu erfahren.

Vorerst trägt der Mann auf der Bank den klangvollen Namen Rodolfo Esteban Cardoso. Nach dem Freitagsspiel in Stuttgart, spätestens aber zur Länderspiel-Pause nach dem Heimspiel am 2. Oktober gegen Schalke, soll der neue Mann den HSV-Profis Beine machen. Bis dahin will der argentinische Ex-Nationalspieler „das Beste aus der schwierigen Lage machen“, betonte der einstmals elegante HSV-Spielmacher am Dienstag. „Ich will Leben in die Mannschaft bringen, das ist die halbe Miete. Es ist schwer zu begreifen, warum sie in dieser Situation ist.“

Gleich beim Aufgalopp sorgte er bei Kapitän Heiko Westermann & Co. für den dringend benötigten frischen Wind. „Mein erster Eindruck ist sehr gut. Die Jungs haben sich reingehauen, das ist ein gutes Zeichen für Freitag“, meinte der 42-Jährige zur ersten Herausforderung VfB. In Stuttgart soll der nach sechs Partien sieglose Tabellenletzte die Wende einleiten. „Ich werde dort nicht viele Experimente machen. Was die Mannschaft braucht, ist Selbstvertrauen, Ruhe und Sicherheit.“

Derweil sind die Spekulationen, wer nach der zehnten Trennung von einem HSV-Trainer in acht Jahren als Chefcoach auf Oenning folgen wird, in vollem Gange. Zu Ex-Coach Huub Stevens, der das Interesse an einer Rückkehr nochmals bestätigte, Horst Hrubesch und Marcel Koller gesellte sich der Name Marco van Basten. Arnesen soll den früheren niederländischen Toptorjäger schon im März bei Armin Vehs Entlassung auf seiner Liste ganz oben gehabt haben. Damals entschied man sich, Oenning vom Co- zum Chefcoach zu machen. Nun soll es im zweiten Anlauf klappen, berichteten übereinstimmend niederländische Medien. Van Basten sei der klare Favorit von HSV-Sportchef Arnesen.

Der Europameister von 1988 hat wie Bernd Schuster („Der HSV ist immer interessant“) Interesse. „Wir werden uns jedes seriöse Angebot anschauen. Die deutsche Liga ist eine interessante Liga. Sollte Hamburg uns kontaktieren, werden wir uns definitiv anhören, was sie zu sagen haben“, sagte van Basten-Berater Perry Overeem der Zeitung „Die Welt“. Jarchow sagte dazu: „Wir befassen uns mit den Namen, die öffentlich genannt werden. Das ist deckungsgleich. Es ist ja klar, dass die Trainer in den Fokus rücken, die verfügbar sind.“

Und ergänzte: „Wir suchen einen Trainer, der unsere Philosophie vertritt, der mit jungen Leuten umgehen und sich mit dem vollzogenen Umbruch identifizieren kann.“ Auch der derzeit vereinslose Stevens wiederholte sein Bereitschaft zur Rückkehr zum HSV, den er wegen der Erkrankung seiner Frau 2008 verlassen hatte. „Mich rufen andauernd deutsche Journalisten an, die zu glauben wissen, ich sei der erste Kandidat“, zitierte das Online-Portal Voetbal International den Coach, der 2007 schon mal als HSV-Retter aufgetreten war. Bisher habe sich aber niemand bei ihm gemeldet. „Ich lasse alles auf mich zukommen. Der HSV ist ein Club, der mein Herz gestohlen hat.“

Gegen einen „Feuerwehrmann“ wie Stevens spricht allerdings, dass Arnesen eine langfristige Lösung anstrebt. Und er weiß, dass der Schuss diesmal sitzen muss. „Es geht nicht darum, so schnell wie möglich, sondern so gut wie möglich eine Lösung zu finden“, sagte der Däne. Deshalb soll es vorerst der bisherige U23-Coach richten, der vom Regionalliga-Spitzenreiter zum Erstliga-Letzten wechselt. „Das ist eine schöne Aufgabe“, antwortete Cardoso freundlich. Neben ihm wird Frank Heinemann auf der Bank sitzen, denn der Oenning-Assistent hat im Gegensatz zum Argentinier die nötige Fußballlehrer-Lizenz.