Weckruf vor Pokalfinale „Danke Jupp“: Geschenk folgt in Berlin
München (dpa) - Dieses „Bye-bye“ aus der Fußball-Bundesliga hatte Jupp Heynckes nicht verdient und ärgerte die Trainer-Legende.
Aber nur kurz: Wenige Stunden nach der kalten Stuttgarter Meister-Dusche für den FC Bayern stand der mit „Jupp, Jupp, Jupp“-Rufen gefeierte Chef umrahmt von seiner Mannschaft schon wieder lachend auf der Partybühne im Paulaner am Nockherberg, der für sein Starkbierfest bekannt ist. Mit einem lockeren Spruch dokumentierte der 73 Jahre alte Heynckes seine Altersmilde und sorgte für Spaß in der Fangemeinde.
„Bitte verzeihen Sie uns das Spiel“, rief Heynckes nach den vier krachenden Pokal-Warnschüssen beim 1:4 (1:2) gegen einen famosen VfB Stuttgart in der Nacht zum Sonntag den Ehrengästen auf der vereinsinternen Feier der 28. deutschen Meisterschaft zu: „Ich hatte für morgen einen freien Tag angesetzt - und die Spieler haben sich wohl im Datum geirrt. Sie haben den schon heute wahrgenommen!“
In der Tat: Ausgerechnet in Jupps 1038. Ligaspiel als Spieler und Trainer (Rekord) und dem allerletzten Mal in der Allianz Arena hatten sich seine sonst so zuverlässigen Profis ausnahmsweise hängen lassen. Die Meistersause kam im Anschluss nur langsam in Fahrt. Auf eine Bierdusche hatte Heynckes nach einer kurzen Jubel-Arie mit der Meisterschale keine Lust mehr: „Die Aktion ist überholt. In meinem Alter ist es nicht nötig, dass man mit Bier beschüttet wird.“
„DANKE JUPP“ stand in riesigen Buchstaben hinter Heynckes auf der Bühnenwand, als dieser schon ohne Sakko gemeinsam mit Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge die „überragende Meisterschaftssaison“ pries. Das Abschiedsgeschenk hob sich das Team für Berlin auf. „Gut, dass wir noch das Pokalfinale haben. Denn so einen Abschied hat unser Trainer nicht verdient“, sagte der verletzte Arjen Robben, dessen Rückkehr gegen Außenseiter Eintracht Frankfurt ganz wichtig wäre.
„Das war ein Weckruf für nächste Woche“, meinte auch Kapitän Thomas Müller. Ihr „Jupp, Jupp, Jupp“ soll als strahlender Sieger in den Fußball-Ruhestand zurückkehren. „Ich hoffe, dass wir noch das Double holen für den Trainer“, sagte Sandro Wagner zur finalen Aufgabe.
Vielleicht kam der Weckruf gerade recht, um noch einmal die nötige Endspielspannung aufzubauen. Die extrem effektiven und konterstarken Stuttgarter, denen auch ohne Torjäger Manio Gomez sieben Torschüsse für vier Treffer von Daniel Ginczek (2), Anastasios Donis und Chadrac Akolo genügten, erzwingen eine Reaktion im letzten Saisonspiel.
„Natürlich werden wir in Berlin ein anderes Gesicht zeigen“, versprach Mats Hummels, der sich eine schmerzhafte Blessur am Fuß zuzog, aber gegen Frankfurt wieder auflaufen will. Man habe sich „mehrfach selbst ins Bein geschossen“ mit vielen Nachlässigkeiten hinten und nur einer verwerteten Torchance durch Corentin Tolisso. „Ich glaube, wenn wir das Pokalfinale gewinnen, wird der Trainer heilfroh sein. Jupp ist ein ganz großer. Einer, bei dem das Wort Legende auch angebracht ist“, erklärte Weltmeister Hummels.
Nach 38 ungeschlagenen Partien war es die erste Heimniederlage seit einem 1:2 gegen Mainz am 2. März 2016. An der Gesamtbewertung der sechsten Meistersaison am Stück änderte es nichts. „Wenn man mit 21 Punkten Vorsprung deutscher Meister wird, ist das à la bonheur“, sagte Rummenigge. Natürlich würde ein Herzschlagfinale im Titelkampf auch beim Dauermeister mal wieder mehr Jubel-Emotionen entfachen.
„Natürlich würde man sich das wünschen, wenn man vorher wüsste, dass es gut für einen ausgeht“, sagte Müller zum Deutschland-weiten Wunsch nach mehr Titeldrama. Aber der Bayern-Kapitän fügte auch hinzu: „So ein Herzschlagfinale bringt natürlich auch ein paar unruhige Zeiten während der Saison mit sich. Denn wenn der FC Bayern nur knapp führt oder sogar nicht Tabellenführer ist, sind die Windstärken rund um München schon ein bisschen erhöht.“
Eine sensationelle Niederlage im Pokalfinale gegen Frankfurt mit dem künftigen Bayern-Coach Niko Kovac würde heftigen Wind entfachen. Aber das wünschen den Bayern ja nicht einmal die Stuttgarter, die ein Münchner Pokalsieg in die Qualifikation zur Europa League befördern würde. „Ich werde das Spiel mit einem Glas Rotwein im Fernsehen anschauen“, sagte VfB-Coach Tayfun Korkut gelassen. Im Anschluss will er auf den „großen Trainer“ Jupp Heynckes anstoßen - und auf Europa mit dem von ihm zum zweitbesten Rückrundenteam geformten VfB.