Der neue VfB: Beschwingt und begeisternd
Stuttgart (dpa) - So befreit, beschwingt und begeisternd hat sich der VfB Stuttgart seit Monaten nicht mehr präsentiert.
Mit ihrem erfrischenden Offensivfußball und einer rauschenden Gala gegen die hoffnungslos überforderte TSG 1899 Hoffenheim erinnerten die Schwaben phasenweise an die Glanzzeiten der viel gerühmten „Jungen Wilden“ im zurückliegenden Jahrzehnt. Wie damals Mario Gomez, Sami Khedira und später Serdar Tasci sorgten beim 6:2 (3:1)-Torefestival Timo Werner, Alexandru Maxim oder Antonio Rüdiger für eine neue Aufbruchstimmung.
„Jetzt sind wir wieder drin, jetzt geht es weiter“, sagte VfB-Sportdirektor Fredi Bobic erleichtert. Der katastrophale Saisonstart mit null Punkten nach drei Niederlagen sowie dem peinlichen und auch finanziell schmerzhaften Ausscheiden in der Europa League waren zumindest an diesem Sonntagabend vergessen.
Der neue Trainer Thomas Schneider hat es binnen weniger Tage geschafft, den schwächelnden Stuttgartern neues Selbstvertrauen, Spielfreude und Leidenschaft zu vermitteln. „Die Jungs haben den Plan gut umgesetzt. Es waren viele Elemente dabei, die viel Spaß gemacht haben. Wir haben eine konzentrierte Leistung abgeliefert“, bilanzierte der ehemalige VfB-Profi nach seinem traumhaften Einstand als Bundesliga-Coach.
Schneider steht nach der zuletzt lähmenden Phase unter seinem Vorgänger Bruno Labbadia für eine neue Aufbruchstimmung und eine neue Spielphilosophie. Der 40-Jährige, der mit den B-Junioren den Meistertitel holte, setzt verstärkt auf den Nachwuchs. In Talent Timo Werner (17), der erstmals in der Startelf stand, Moritz Leitner (20), Antonio Rüdiger (20), Gotoku Sakai (22) sowie dem überragenden Alexandru Maxim (23) bot Schneider gleich fünf „Junge Wilde“ von Beginn an auf. Rani Khedira, der 19 Jahre alte Bruder von Real-Madrid-Star Sami, kam als Einwechselspieler zu seiner Erstliga-Premiere. Zudem zählen Torhüter Sven Ulreich und Verteidiger Daniel Schwaab (beide 25) ebenfalls noch zu den Jungen.
Wie so oft macht es jedoch die richtige Mischung - und die hat Schneider offensichtlich gefunden. Die abgezockten Routiniers Vedad Ibisevic, Christian Gentner, William Kvist und Arthur Boka sorgten für die nötige Ruhe und Stabilität. „Die Leistung spricht für die Mannschaft. Wir haben überragend gespielt“, urteilte der bosnische Nationalstürmer Ibisevic, der als dreifacher Torschütze (19., 47. und 63. Minute) gegen seinen Ex-Club groß auftrumpfte. Maxim (28. und 55.), der zudem als Ideen- und Passgeber brillierte, und Rüdiger mit seinem ersten Bundesligator (12.) machten das halbe Dutzend bei Gegentreffern von Kevin Volland (26.) und Firmino (87.) voll.
Mittelfeldlenker Kvist, von Labbadia zuletzt auf die Tribüne verbannt, konstatierte süffisant: „Der Trainer macht genau das, was wir brauchen. Er setzt auf taktische Disziplin und Organisation. Genau diese Dinge haben uns gefehlt.“ Aber trotz kleiner Abrechnungen und überschäumender Freude drehten die Stuttgarter nun nicht komplett durch. „Wir haben es sehr gut gemacht, aber es ist natürlich immer noch einiges verbesserungswürdig“, räumte Rüdiger ein. Gentner wollte sich vom Ergebnis „nicht blenden lassen“. Es gebe manches, was das Team besser machen könne, sagte er: „Aber ich gebe zu, das ist Jammern auf hohem Niveau.“