Die wichtigsten Fragen im Hoeneß-Prozess
München (dpa) - Vor dem Showdown im Prozess gegen Steuersünder Uli Hoeneß sind theoretisch noch alle Optionen offen. Die Verteidigung setzt weiter auf eine gültige Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten, die Staatsanwaltschaft ist gänzlich anderer Meinung.
Welche Strafen Hoeneß drohen, wie es zur immensen Steuerschuld von mehr als 27 Millionen Euro kommen konnte und die Reaktion des Bayern-Teams - ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Wie ist der Stand nach dem dritten Prozesstag?
Das Münchner Landgericht geht inzwischen von 27,2 Millionen Euro Steuerschuld aus, die Verteidigung von Hoeneß erkennt die Summe an. Zu Prozessbeginn hatte die Anklage Hoeneß zunächst vorgeworfen, 3,5 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Sollte es keine weiteren Beweisanträge geben, folgen am Donnerstag Plädoyers und Urteil.
Welche Strafe droht Hoeneß im schlimmsten Fall?
Bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million Euro ist laut Bundesgerichtshof eine Gefängnisstrafe vorgesehen. Nur bei „gewichtigen Milderungsgründen“ sei eine Bewährungsstrafe denkbar. Dazu könnten neben dem Geständnis und der - wenn auch verunglückten - Selbstanzeige die Lebensleistung Hoeneß' oder eine sofortige Wiedergutmachung des Schadens zählen. Ein Fall von einfacher Steuerhinterziehung würde mit Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Inzwischen dürfte sich angesichts der gestiegenen Summen um einen besonders schweren Fall drehen - dafür sind laut Gesetz sechs Monate bis zu zehn Jahren Gefängnis vorgesehen.
Müsste Hoeneß bei einer Verurteilung sofort ins Gefängnis?
Vermutlich nicht. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Haftbefehl im Falle einer Verurteilung wieder in Kraft gesetzt werden würde. Eine mögliche Revision würde sofort zum Bundesgerichtshof gehen.
Wie könnte das Urteil im besten Fall für Hoeneß ausfallen?
Die Verteidigung geht weiter davon aus, dass die Selbstanzeige von Hoeneß gültig ist. Sämtliche Zahlen seien darin bereits enthalten gewesen, sagte Anwalt Hanns W. Feigen. Damit könnte das Verfahren noch eingestellt werden und Hoeneß straffrei bleiben. Experten schätzen diesen Fall jedoch inzwischen als eher unwahrscheinlich ein.
Wie kann eine so hohe Steuerschuld auflaufen?
Hoeneß jonglierte bei Devisen-Spekulationen mit fast unvorstellbaren Summen. An einem einzigen Tag soll er einmal 18 Millionen Euro verzockt haben. 155 Millionen Euro hatte er als Höchstsumme auf seinem Schweizer Konto. Den Grundstock dafür bildeten 20 Millionen damals noch D-Mark, die er vom damaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus bekommen hatte. Die Gewinne von mehr als 130 Millionen Euro hätte Hoeneß versteuern müssen, auch wenn er später nur noch Verluste machte. Das hat er aber nicht getan. Die umfangreichen, wenn auch noch immer lückenhaften Unterlagen über seine Geschäfte in der Schweiz liegen dem Landgericht München II erst seit Anfang des Monats vor. Nach der Auswertung der Dokumente stieg die Steuerschuld von den 3,5 Millionen Euro in der Anklage auf nun 27,2 Millionen.
Wie verkraftet Hoeneß den Prozess finanziell?
Mit seiner Selbstanzeige überwies Hoeneß bereits zehn Millionen Euro an den Fiskus. Aufgrund der inzwischen als höher eingestuften Steuerschuld dürfte die endgültige Zahlung inklusive Säumniszuschlägen, Zinsen und möglicherweise einer Geldstrafe deutlich höher liegen. Jedes Jahr, in dem Steuern hinterzogen wurden, gilt als einzelne Tat. Daraus wird die Gesamtstrafe gebildet. Sein zu versteuerndes Jahreseinkommen ermittelten die Steuerfahnder im Jahr 2008 mit 10,8 Millionen Euro. Sein Vermögen verdankt Hoeneß auch der florierenden Wurstfabrik HoWe in Nürnberg, die er 1985 mit dem Metzgermeister Werner Weiß gründete. HoWe wird inzwischen von Hoeneß-Sohn Florian geleitet. Angaben zum Umsatz macht das Unternehmen nicht.
Wenden sich Sponsoren und Aufsichtsratsmitglieder beim FC Bayern von Hoeneß ab?
Zumindest öffentlich gibt es noch keine Absetzbewegungen von Hoeneß oder dem Club. Der Bayern-Aufsichtsrat hatte seinem Vorsitzenden Anfang November 2013 das Vertrauen ausgesprochen. In dem Kontrollgremium sitzen die Konzernchefs von Adidas, Telekom, VW und Audi. Die Sponsoren wollen sich die lukrative Geschäftsbeziehung mit dem Fußball-Branchenführer derzeit nicht vermiesen lassen. Er gehe „keine Nanosekunde davon aus“, dass sich das Verhältnis zu dem Verein wegen der „Causa Hoeneß“ verändern werde, sagte Hypovereinsbank-Chef Theodor Weimer am Mittwoch. Allerdings ist nach Einschätzung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger den vertretenen Unternehmen bereits ein erheblicher Schaden entstanden.
Wie geht die Mannschaft mit dem Thema um?
Auch das Bayern-Team spricht über den Steuerfall Hoeneß. „Na klar ist das innerhalb der Mannschaft auch Thema“, erklärte Kapitän Philipp Lahm nach dem 1:1 gegen den FC Arsenal und dem Viertelfinaleinzug in der Champions League. Auch die Mannschaft solle „immer daran denken, was Uli für uns geleistet hat“, betonte Sportvorstand Matthias Sammer beim Pay-TV-Sender Sky. Das sei dann auch „Verantwortung“.