Duell der Fußball-Kulturen: BVB bei RB Leipzig
Leipzig (dpa) - Es ist ein Duell der Fußball-Kulturen. Auf der einen Seite die börsennotierte Borussia aus Dortmund mit einer hundertjährigen Tradition, auf der anderen Seite der Bundesliga-Neuling RB Leipzig, der von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz alimentiert wird.
Im Vorfeld des Spiels am Samstag (18.30 Uhr) wurden alle Facetten bedient: So hatte das Fan-Bündnis „Südtribüne Dortmund“ angekündigt, der Partie als Protest gegen die zunehmende Kommerzialisierung im Fußball fernbleiben zu wollen. Dennoch waren die Gäste-Karten in nur 20 Minuten vergriffen, das Spiel innerhalb kurzer Zeit mit 42 558 Zuschauern ausverkauft. „Das war ein Rohrkrepierer“, kommentierte RB-Coach Ralph Hasenhüttl. BVB-Fan-Sprecher Jan-Henrik Gruszecki sah die Aktion nicht als gescheitert an. „Uns war von vornherein klar, dass es in dieser Region Deutschlands viele BVB-Fans gibt, die darauf brennen, ihre Mannschaft zu sehen“, sagte er den „Ruhr Nachrichten“.
RB-Sportdirektor Ralf Rangnick zeigte sich stolz über den Boom in Leipzig. „Wir hätten mehr als doppelt so viele Karten verkaufen können“, erklärte er. Dass sich der BVB gegen einen gemeinsamen Fan-Schal mit Leipzig aussprach, tangierte die RB-Offiziellen nach eigenen Angaben kaum. „Für mich geht da die Welt nicht unter, und für uns ist das ein absolut nachrangiges Thema“, sagte Rangnick. Laut den Borussen gab es kein Interesse an einem gemeinsamen Marketingprodukt.
Professor Henning Zülch, ein in Dortmund geborener Wirtschaftswissenschaftler aus Leipzig, bezeichnete RB im Quervergleich als „Start-Up-Unternehmen mit viel Potenzial“. Ganz im Gegensatz zum Dortmunder Traditionsclub. „Der BVB hat es über Jahre geschafft, die Fans an sich zu binden. Der Verein ist ein Teil der Region und hat sich mit der Region über die letzten Jahre gewandelt. Verein und Region bilden ein Symbiose“, sagte Zülch, Inhaber eines Lehrstuhls an der Handelshochschule Leipzig, der Deutschen Presse-Agentur. Beide Vereine hätten aber auch Ähnlichkeiten: „Geschäftsmodell, Strategie, exzellente Nachwuchsarbeit und attraktive Fußballspiele sind sowohl für den BVB als auch für RB Leipzig das Markenzeichen und Ausdruck ihres Erfolgs.“
Thomas Tuchel, der vor eineinhalb Jahren Trainerkandidat Nummer eins beim Red-Bull-Club war und mit seiner Absage einen Wutausbruch bei Ralf Rangnick auslöste, sieht die neue Konkurrenz gelassen. Er wolle das Thema „Tradition gegen Kommerz“ nicht überbewerten. „Ich sehe das Projekt von RB Leipzig nüchtern und komplett aus sportlicher Sicht.“
Das Sportliche spielte in der Woche vor der Partie eher eine Nebenrolle. Dabei interessiert vor allem die Frage, ob Mario Götze sein erstes Saison-Pflichtspiel für den BVB bestreitet. Bei seinen Länderspiel-Einsätzen hatte der Weltmeister betont, nun die nötige Fitness zu haben. „Mario ist mit dabei und auf jeden Fall eine Option für die Startelf“, sagte Tuchel am Freitag und nahm Götze in Schutz: „Wir merken doch auch, wie intensiv das Thema diskutiert wird. Das tut einem Menschen nicht gut. In der Länge und der Häufigkeit der Kritik wurden oft Grenzen überschritten.“
Für die Borussia geht's mit dem Duell in eine Terminhatz mit sieben Spielen in 22 Tagen. In dieser Zeit dürfte klar werden, ob der umfassende Kader-Umbau problemlos bewältigt werden kann. Fehlen wird in Leipzig neben prominenten Langzeitverletzten wie Marco Reus, Sven Bender oder Erik Durm auch Shinji Kagawa. Der Japaner laboriert an einer Knöchelverletzung.
RB-Trainer Hasenhüttl ließ noch offen, ob er seine Neuzugänge Oliver Burke, Bernardo und Kyriakos Papadopoulos bringt. „Ich bin so was von bereit“, sagte der erst 19-jährige Offensivspieler Burke, mit 15,5 Millionen Euro der bisher teuerste Leipziger Transfer. Rangnick bezeichnete den Schotten als „Naturgewalt“, er sei „ein außergewöhnlicher Spieler mit einer außergewöhnlichen Hardware“.