„Duell der Philosophien“: Magath gegen Slomka
Hannover (dpa) - Es ist ein fast schon ideologisches Duell zwischen dem VfL Wolfsburg und Hannover 96. Auf der einen Seite Disziplinfanatiker und Transferkönig Felix Magath, auf der anderen Seite der als moderner Konzepttrainer geltende Mirko Slomka.
Hier „hire and fire“, dort Kontinuität.
In Wolfsburg Enttäuschung, in Hannover Erfolg. Das Niedersachsenderby am Samstag in der Fußball-Bundesliga ist ein Aufeinandertreffen der Gegensätze.
Der enttäuschende Saisonverlauf beim VfL führte am Donnerstag zum dritten Spielerrauswurf binnen einer Woche. „Ich habe entschieden, Patrick Helmes für die Amateurmannschaft freizustellen“, erklärte VfL-Coach Magath am Donnerstag. Aktuell vorgefallen sei nichts. Helmes spielt bereits sein Saisonbeginn keine Rolle mehr in Wolfsburg. Damals hatte der Ex-Nationalspieler zuvor einen Wechsel abgelehnt. Magath herrscht weiter mit harter Hand. Vor einer Woche schon waren Sotirios Kyrgiakos und Jan Polak aussortiert worden.
„Der VfL hat eine starke Mannschaft, die aber noch nicht ihren Rhythmus gefunden hat“, sagte Magath-Kontrahent Slomka. Seit der überraschenden Meisterschaft 2009 wurden alle ambitionierten Absichten beim Wolfsburger VW-Werksclub verpasst. Auch in diesem Jahr ist das vom Mutterkonzern und Magath ausgerufene Ziel internationales Geschäft als Tabellen-13. mit nur drei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge in weiter Ferne. „Wir wollen zeigen, dass wir auf dem Weg dorthin sind, wo Hannover derzeit ist“, sagte Magath und nannte Gründe für die missliche Lage: „Wir haben viele neue Spieler geholt. Da ist es völlig normal, dass diese sich erst an den neuen Verein, das Spielsystem und die anderen Mitspieler gewöhnen müssen.“
Viel Gelegenheit gab er seinem Kader mit insgesamt zwölf Neuen dazu nicht. Seit dem zweiten Spieltag bot er stets eine andere Startelf auf. Magath steht aber zu seiner Philosophie. Wo der 58-Jährige Trainer ist, sind Spielerberater gerne gesehen. Das nachhaltige Weiterentwickeln einer Mannschaft liegt ihm eher nicht. „Es gibt sicherlich hundert Wege, erfolgreich zu sein. Ich kenne aber nur einen Weg. Und zwar den einen, der ganz nach oben führt“, sagte Magath einmal zum Begriff des „Konzepttrainers“. Die Konsequenz aus der bislang verkorksten Hinrunde verkündete in der „Sportbild“: „Vielleicht haben wir im Sommer zu wenig ausgegeben. Da war es meine Entscheidung, nicht so viel Geld in die Hand zu nehmen“.
Nun, es waren immerhin gut 21 Millionen Euro, die Magath im Sommer in den Kader steckte. Nur der FC Bayern investierte mehr. Nun soll der x-te Umbruch folgen. Weniger planbar, aber umso erfolgreicher agiert da der Nachbar aus der Landeshauptstadt im zweiten Jahr hintereinander. Das Wolfsburger Modell gilt in Hannover als verpönt. Vermeintlich aussortierte Stars wie etwa Jan Schlaudraff starteten nach dem knapp vermiedenen Abstieg 2009 in einem funktionierenden System noch einmal durch. „96 zeigt mannschaftliche Geschlossenheit. Mirko Slomka hat es geschafft, dass auch künstlerisch veranlagte Spieler wie Schlaudraff mitarbeiten“, sagte Magath anerkennend.
Hinzu kommen die Transfererfolge von Manager Jörg Schmadtke. Zum Vergleich: Der VfL gab seit 2009 unter Magath sowie dessen Manager-Vorgängern Armin Veh und Dieter Hoeneß knapp 100 Millionen Euro für neue Spieler aus, Hannover dagegen knapp sechs. Darunter waren freilich Volltreffer wie Torhüter Ron-Robert Zieler (Manchester United), Mohammed Abdellaoue (Valerenga Oslo/1,2 Millionen Euro) und Didier Ya Konan (Rosenborg Trondheim/400 000 Euro).
Als VfL-Gegenentwurf will Slomka, der 2009 Kandidat als Magaths Nachfolger in Wolfsburg gewesen war und auch vor Jahresfrist kurz vor dem Wechsel in die VW-Stadt stand, sich und seinen Club allerdings nicht verstehen: „Ich hätte gerne auch den ein oder anderen Spieler aus Wolfsburg gehabt. Aber letztlich entscheidet doch das Geld.“