Dutts „Herkulesaufgabe“ in Stuttgart
Stuttgart (dpa) - Den Mann mit den kessen Sprüchen und manchmal flapsigen Kommentaren haben die Stuttgarter Fußballfans in Robin Dutt noch nicht erlebt.
Fiel der neue VfB-Sportvorstand bei seinen früheren Stationen als Bundesliga-Trainer in Freiburg, Leverkusen und Bremen auch durch seine joviale Art auf, so hält sich der gebürtige Kölner bei den krisengeplagten Schwaben in dieser Hinsicht ziemlich zurück. Die Lage im Abstiegskampf ist bitterernst, daher versucht Dutt vor allem zweierlei: Ruhe zu bewahren und den Spielern angesichts des Drucks im Tabellenkeller Sicherheit zu vermitteln. „Es wäre fatal, wenn wir jetzt unsere innere Überzeugung verlieren. Wir müssen uns mit Ruhe und Konzentration auf die nächsten Aufgaben vorbereiten“, erklärte der 50-Jährige.
„Wer zuerst hadert, wird unten bleiben“, hatte der Nachfolger des im September geschassten Fredi Bobic nach dem verpatzten Rückrundenauftakt betont, als der VfB gegen Borussia Mönchengladbach 0:1 verlor. Seitdem hat sich an Dutts Aussagen und Verhalten nichts geändert. Schließlich bleibt dem Sportdirektor seit seinem Amtsantritt Anfang Januar auch nicht viel anderes übrig als der Versuch, auf der mentalen Ebene zu wirken. Die Mannschaft in der Winterpause gleich mit mehreren Neuzugängen zu verstärken, wie es sich angeblich auch der Trainer Huub Stevens gewünscht hatte, war angesichts der finanziellen Misere des Vereins nicht möglich.
Weil die VfB-Kasse wegen der jahrelangen Talfahrt und einst üppigen Gehältern auch für durchschnittliche Profis leer ist, präsentierte Dutt kurz vor dem Ende der Transferperiode gerade einmal Geoffrey Serey Dié vom FC Basel als einzigen Zugang. Der etwa 500 000 Euro teure Nationalspieler der Elfenbeinküste und frisch gebackene Afrika-Cup-Sieger soll im defensiven Mittelfeld aufräumen und die Kollegen mit seinem robusten Charakter mitziehen. Das ist fast mehr, als der Sportchef derzeit leisten kann. Mag Dutt im Hintergrund an den künftigen Strukturen der Profi- und Jugendabteilung arbeiten - bis zum Saisonende ist der Kader, wie er ist.
So betonte der im nahen Leonberg wohnende Dutt zuletzt nach dem unglücklichen 1:2 bei 1899 Hoffenheim, dass nun vor allem die Mannschaft gefordert sei. „Die Antwort kann nur sein, dass du wieder aufstehst. Wir können viel reden, aber der eigentliche Impuls muss auf dem Platz kommen“, sagte er. In Hoffenheim, wo der Sportvorstand den nach dem Spiel schlecht gelaunten Stevens in Schutz nehmen musste, dürfte auch dem letzten Fan klar geworden sein, dass Dutt bei seinem Einstieg beim VfB das richtige Gespür hatte. Er sehe eine „Herkulesaufgabe“ auf sich zukommen, erklärte er damals.
Wobei Dutt beim krisengeplagten fünfmaligen deutschen Meister zunächst einmal skeptisch empfangen wurde und dafür sogar Verständnis zeigte. Schließlich hatte er nach seinem nur zehnmonatigen Intermezzo als Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gesagt, er würde lieber auf dem Platz statt am Schreibtisch arbeiten - und war im Sommer 2013 nach Bremen gewechselt. Nachdem er Ende Oktober bei Werder beurlaubt worden war, folgte wenig später der erneute Schwenk auf den Manager-Posten in Stuttgart.
Die Führungsgremien des VfB um Präsident Bernd Wahler halten Dutt für fähig, den Verein auf sportlicher Ebene zukunftsfähig zu machen. Dessen konzeptioneller Ansatz habe überzeugt, meinte Wahler. Doch in welcher Form sein Sportchef den Profikader im Sommer umgestalten kann, hängt davon ab, ob der VfB erstklassig bleibt oder absteigt.
Eines ist Dutt, der seine Trainerkarriere einst in der Regionalliga bei den Stuttgarter Kickers in Schwung brachte, klar: „Wir wissen, dass wir eine ganz, ganz harte Rückrunde vor uns haben.“ Das sagte er kürzlich beim Neujahrsempfang des Vereins. Widersprochen hat keiner.