Bundesliga Ende einer Ära beim FC Bayern - Robberys Abschied

München · Zehn Jahre bildeten Franck Ribéry und Arjen Robben bei Bayern München ein Weltklasse-Duo. Jetzt endet diese Ära. Unser Autor Tobias Klingen, ein bekennender Bayern-Fan, verneigt sich.

Der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Franck Ribéry (l) und Arjen Robben bei ihrem ersten gemeinsamen Einsatz für den FC Bayern München am 29. August 2009.

Foto: picture alliance / dpa/Lukas Barth

Spötter mögen davon sprechen, dass der FC Bayern seinen verdienten Top-Stars Arjen Robben und Franck Ribéry in dieser Saison eine Art Gnadenbrot gereicht hat. Und davon, dass die einst so gefürchtete Flügelzange der am Samstag endenden Saison 2018/19 nicht wirklich ihren Stempel aufgedrückt hat. Dennoch waren der Niederländer und der Franzose in der winterlichen Wendephase der Spielzeit zur Stelle.

So war es Arjen Robben, der am 27. November nach mehreren sieglosen Spielen mit zwei Traumtoren den Weg zu einem 5:1 gegen Benfica Lissabon in der Champions League ebnete. Dieser Sieg sicherte nicht weniger als den Arbeitsplatz von Trainer Niko Kovac. Und es war Franck Ribéry, der am 19. Dezember in der 83. Minute das 1:0-Siegtor gegen RB Leipzig erzielte. Ein Sieg, durch den der FC Bayern den Rückstand auf Borussia Dortmund kurz vor Weihnachten auf sechs Punkte verkürzen konnte. Zwei Momente mit Robben und/oder Ribéry im wohl erfolgreichsten Bayern-Jahrzehnt der Vereinsgeschichte. Ein Jahrzehnt, das Robben und Ribéry gemeinsam mit Persönlichkeiten wie Müller, Lahm, Schweinsteiger oder Neuer geprägt haben.

Ohne ihren Ehrgeiz hätte der FC Bayern nicht so viele Titel geholt

Am Samstag verabschiedet sich „Robbery“ aus der Bundesliga. Wahrscheinlich als deutsche Meister. Wahrscheinlich überwiegend auf der Bank. Das ist ein Platz im Stadion, den sowohl die Nummer 7 als auch die Nummer 10 überhaupt nicht mögen – auch nicht mit 36 beziehungsweise 35 Jahren. Es ist schlicht nicht zählbar, wie oft einer der beiden bei Auswechslungen oder Nicht-Berücksichtigungen gemeckert oder den Handschlag des Trainers verweigert hat. Womöglich ein Verhalten, dass Ribéry und Robben außerhalb der viel zitierten Bayern-Familie das Egomanen-Image eingebracht hat. Dabei ist innerhalb des Vereins und vor allem unter den Fans klar: Ohne die schier ehrgeizigen Robben und Ribéry hätten die Bayern sich die Titel der vergangenen Jahre abschminken können.

Als Franck Ribéry 2007 für damals rekordverdächtige 30 Millionen Euro von Marseille nach München kam, war nicht vorauszusehen, dass er zu einem der besten Spieler der Vereinsgeschichte werden würde. Für ihn selbst sollten die Bayern eher ein Sprungbrett sein, um irgendwann in England oder Spanien zum Weltstar zu werden. Stattdessen wurde er das in München. Wohl auch deshalb, weil die Stadt und der Verein zur neuen Heimat des Franzosen geworden sind. Während diverse Eskapaden dafür sorgten, dass Ribéry in Frankreich mehr und mehr verachtet wurde, verziehen die Bayern ihm Ereignisse zwischen Etablissements mit wohl minderjährigen Prostituierten und Tellern mit mehr oder weniger goldenen Steaks. Immer und immer wieder. Diese oft fragwürdige Rückendeckung der Vereinsbosse um Uli Hoeneß dankte Ribéry mit Top-Leistungen. Immer und immer wieder.

Seine wohl beste Saison spielte Ribéry 2012/2013 unter der Vaterfigur Jupp Heynckes. Ein Trainer, der ihn laufen ließ – nach vorne, aber auch nach hinten. Und zwar so lange, bis er und das Team Meisterschale, Champions-League-Trophäe und DFB-Pokal gleichzeitig auf dem Marienplatz präsentieren durften.

In dieser Triple-Saison gab es den einen Moment, den Bayern-Fans wie ich zu jeder Zeit detailliert erzählen können. In der 90.Minute des Finals gegen Dortmund fliegt ein langer Ball von Jerome Boateng an den Rand des gegnerischen Strafraums. Ribéry nimmt die Pille so an, als hätte er Klebstoff am Schuh. Mit der Hacke leitet er den Ball weiter zum sprintenden Robben. Und als der alleine vor Torwart Roman Weidenfeller steht, schiebt er das Leder an ihm vorbei. Mit etwa 10 km/h rollt der Ball ins Netz. 2:1! Sieg!

In ihrer ersten Saison waren sie maßgeblich am Double beteiligt

Viel zu selten traf sich diese Genialität von Ribéry und Robben auf dem Platz. Was vor allem an der Verletzungsanfälligkeit des Niederländers lag. Deshalb wunderte sich die Fußball-Welt 2009 schon sehr, dass die Bayern den so oft verletzten und bei Real Madrid nicht mehr benötigten Robben für 25 Millionen Euro verpflichteten. Doch schon in der ersten Saison zahlte er das Vertrauen zurück. Unter Louis van Gaal, dem taktischen Wegbereiter des späteren Heynckes-Triples, führte Robben das Team zum Double mit Meisterschaft und Pokal. Aus dem Van-Gaal-Triple wurde nur deshalb nichts, weil die noch etwas unreifen Lahms, Müllers und Schweinsteigers im Finale der Champions League ohne den gesperrten Ribéry gegen die Routiniers von Inter Mailand antreten mussten. Und obendrein ließ Inter-Trainer José Mourinho den eleganten Robben vom rumänischen Eisenfuß Christian Chivu – höflich ausgedrückt – aus dem Spiel nehmen.

Bei aller Fan-Liebe, die Arjen Robben wegen seines Rechts-Links-Winkel-Tricks seit Jahren in der Allianz-Arena entgegen schwappt, darf nicht verschwiegen werden, dass er dort auch schon ausgepfiffen wurde. Die Niederlage im „Finale dahoam“ 2012 schrieben viele Anhänger einem verschossenen Robben-Elfmeter zu. Und so kam es, dass er kurz darauf bei einem Testspiel zwischen der holländischen Elf und den Bayern in München mit einem Pfeifkonzert bedacht wurde. Für die Boulevard-Journalisten der Landeshauptstadt war klar, dass Robben nach der EM 2012 nicht nach München zurückkehren wird. Doch er kam zurück und wurde ein Jahr nach dem „Finale dahoam“ zu „Mister Wembley“.

Wenn die Saison am Samstag gegen 17.15 Uhr zu Ende geht, verlieren die Bayern zwei Weltklasse-Spieler, die unter den Fans anderer Vereine nicht wirklich gelitten sind. Aber welcher Bayern-Spieler ist das schon. Trotzdem wird die gesamte Bundesliga, die im internationalen Vergleich auf dem absteigenden Ast ist, diese beiden Weltstars vermissen. Servus Franck! Servus Arjen! Ach ja, und geht bitte nicht nach Katar oder in die USA. Ein Gnadenbrot habt ihr nämlich nicht nötig.