Von Kovac bis Funkel Die Gesichter der Bundesliga-Saison 2018/2019
Berlin · Auch in der am Samstag endenden Saison der Fußball-Bundesliga haben sich einige Protagonisten in den Vordergrund gedrängt. Meist durch positive Leistungen. Aber nicht nur.
Thomas Müller fliegt aus der Nationalmannschaft, Kai Havertz spielt mit nur 19 Jahren eine herausragende Saison, in München steht Coach Niko Kovac unter Dauerdruck, und in Frankfurt erhöht ein Stürmer seinen Markwert ganz enorm. Die Spielzeit 2018/2019 hat viele Geschichten geschrieben. Die Deutsche Presse-Agentur stellt einige Gesichter der Saison vor.
JOCHEN DREES: Der Chef der Videoschiedsrichter beim DFB hat zu Beginn der Saison das Stethoskop gegen die Videokamera eingetauscht. Der Allgemeinarzt hatte gehofft, dass der Videobeweis nach den guten Erfahrungen bei der WM in Russland auch in der neuen Bundesligasaison seinen Kritikern verstummen lässt. Doch spätestens nach dem umstrittenen Elfmeter im Pokalhalbfinale zwischen Werder Bremen und dem FC Bayern München stehen die VAR (Video Assistant Referees) ebenso unter Druck wie nach der vergangenen Saison. Drees hatte bei seinem Amtsantritt im August einen möglichen Wiedereinstieg als Hausarzt nicht ausgeschlossen.
FRIEDHELM FUNKEL: Der älteste Bundesliga-Trainer mit der Erfahrung aus mehr als 30 Berufsjahren hat alle Kritiker eines Besseren belehrt. Aufsteiger Fortuna Düsseldorf sorgte mit dem vorzeitigen Klassenerhalt für die Überraschung der Saison. Dabei schien Funkels Weg in der Rückrunden-Vorbereitung am Ende. Der mittlerweile geschasste Clubchef Robert Schäfer wollte dem Vater des Erfolgs keinen neuen Vertrag anbieten. Fans und Team solidarisierten sich mit dem Coach und sorgten dafür, dass Funkel bei der Fortuna bleibt.
PETER GULACSI: Spektakulär ist kein Prädikat für RB Leipzigs Torhüter Peter Gulacsi. Der 29-Jährige spielt unaufgeregt, aber auf konstant hohem Niveau seine bisher beste Saison. Nur 27 Gegentreffer sind Liga-Bestwert, zudem spielte RB bisher 16 Mal zu null. Gulacsi ist im „Kicker“-Ranking mit einem Notenschnitt von 2,63 der Liga-Topspieler. Der ungarische Nationalkeeper wurde in seiner Heimat zum „Fußballer des Jahres“ gewählt und zudem mit dem „Goldenen Ball“ geehrt.
KAI HAVERTZ: Der erst 19-Jährige ist eines der größten deutschen Talente und spielt bei Bayer Leverkusen eine herausragende Saison mit bisher 16 Toren als Ausbeute. Neben Bayern München sollen auch Real Madrid, der FC Barcelona und einige Premiere-League-Clubs Interesse am Jung-Nationalspieler haben. Leverkusen will den hochbegabten Mittelfeldspieler zumindest nächste Saison unbedingt noch halten. Sein Vertrag läuft bis 2022 - ohne Ausstiegsklausel. Spielt er weiter so, könnte die Ablöse in Richtung 100 Millionen Euro gehen.
MARTIN HINTEREGGER: Ende Januar forcierte Martin Hinteregger mit der Aussage, er könne nichts Positives über Trainer Manuel Baum sagen, seinen Weggang aus Augsburg. Wenig später wurde der Verteidiger zu Eintracht Frankfurt ausgeliehen. Er wurde dort schnell Stammspieler, patzte aber nach einem Superspiel beim bitteren Aus im Halbfinale der Europa League gegen den FC Chelsea im Elfmeterschießen. Sein Vertrag beim FCA läuft noch bis 2021. Er will unbedingt in Frankfurt bleiben. Die Eintracht will ihn auch halten.
LUKA JOVIC: 27 Tore in Liga und Europa League - der im Sommer 2017 von Benfica Lissabon nach Frankfurt gekommene Jovic ist einer der heißbegehrtesten Stürmer Europas. Viele wollen ihn: Aber der 21 Jahre alte Serbe wechselt wohl zu Real Madrid - für angeblich rund 60 Millionen Euro. Damit würde Jovic zum größten Deal der Vereinsgeschichte werden. Denn die Eintracht kaufte den zuvor nur ausgeliehenen Jovic dank Option zum Schnäppchenpreis von geschätzt rund sieben Millionen Euro.
NIKO KOVAC: Der frühere Bayern-Profi kann mit dem FC Bayern das Double holen. Dennoch ist seine Zukunft bei den Münchnern unsicherer denn je. Präsident Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic vermeiden ein klares Bekenntnis pro Kovac. Dabei hatte der 47-Jährige keinen leichten Saisonstart: Fehlende Top-Transfers, dazu unzufriedene Spieler, die offen Kritik übten. Selbst mit Meisterschaft und Pokal ist nicht sicher, ob in der kommenden Saison der Bayern-Coach noch Kovac heißt. Ohne Titel ist er ganz sicher weg.
THOMAS MÜLLER: Der „Gute-Laune“-Kicker Thomas Müller wurde nach dem WM-Vorrunden-Aus wie seine Bayern-Kollegen Jérôme Boateng und Mats Hummels ausgemustert. Nach 100 Länderspielen für Deutschland war für Müller Schluss. Die Entscheidung traf den Weltmeister von 2014 unvorbereitet. Und Müller war sauer auf Bundestrainer Joachim Löw über die Art und Weise der Bekanntgabe. Der 29-Jährige spielte schon seit geraumer Zeit nicht mehr auf dem Niveau wie früher. Doch nach dem Auswahl-Aus kam Müller bei den Bayern wieder in Schwung.
JULIAN NAGELSMANN: Noch vor dem Saisonstart verkündete Julian Nagelsmann seinen Wechsel von der TSG Hoffenheim zum Ligakontrahenten RB Leipzig 2019. Er wollte damit für klare Verhältnisse sorgen und Spekulationen vermeiden. Der erst 31-Jährige gehörte zu den am meisten umworbenen Trainern. Zur „lame duck“ (lahmen Ente) wurde er trotz des früh verkündeten Wechsels nicht. Dennoch muss er vor dem Saisonfinale um einen internationalen Startplatz der TSG zittern. Mit Leipzig spielt Nagelsmann kommende Saison in der Champions League.
ALEXANDER NÜBEL: Der FC Schalke 04 vermied gerade so den Abstieg. Bei oft miserablen Leistungen war allein Torwart Alexander Nübel ein Lichtblick und der größte Gewinner. Der erst 22-Jährige verdrängte in der Rückrunde Kapitän Ralf Fährmann aus dem Tor und überzeugte mit starken Leistungen. So sehr, dass sogar Rekordmeister FC Bayern München ihn im Auge hat.
CLAUDIO PIZARRO: Der Bremer Publikumsliebling ist ein Phänomen. Mit dem 1:1 in der 96. Minute gegen Hertha BSC avancierte Pizarro mit 40 Jahren und 136 Tagen zum ältesten Bundesliga-Torschützen. Mit 195 Toren für Bremen, Bayern München und Köln ist der Peruaner ohnehin der erfolgreichste ausländische Liga-Profi. „Pizza“ will noch ein Jahr kicken. Sollte es nicht klappen, wollen die Bremer das Fan-Idol nach der aktiven Karriere gerne in anderer Funktion behalten.
RALF RANGNICK: Der 60-Jährige ging ein großes Wagnis ein: Er übernahm für ein Jahr wieder das Traineramt bei RB Leipzig, bis Julian Nagelsmann nach dieser Spielzeit kommt. Wäre es schiefgegangen, hätte sich Rangnick auch als Sportdirektor enorm geschwächt. Es ging aber nicht schief, selbst wenn RB sich recht peinlich und schnell aus der Europa League verabschiedete. Rangnick führte RB auf den dritten Tabellenrang und damit in die Champions League. Der Schwabe kann zudem am 25. Mai im Finale des DFB-Pokals gegen München den ersten großen Titel mit dem gerade einmal zehn Jahre alten Club holen.
MARCO REUS: Viele hatten den von Verletzungen geplagten Marco Reus schon abgeschrieben. Aber der begnadete Hochgeschwindigkeits-Kicker ist zum Dreh- und Angelpunkt der Borussen geworden, spielt so gut wie noch nie. Auch ein Grund: Coach Lucien Favre machte ihn zum Kapitän. Reus nahm die Verantwortung an und zahlte das Vertrauen zurück. Zudem ist Reus als Spieler und Mensch gereift. Einziger Wermutstropfen: Bei der Derby-Pleite gegen Schalke sah Reus seine erste Rote Karte und fehlte dem BVB im Ligaendspurt in zwei Spielen.
ROBBERY: Arjen Robben und Franck Ribéry - das kongeniale Duo prägte ein Jahrzehnt beim FC Bayern. Doch mit der Flügelzange „Robbery“ - der Franzose Ribéry ist 36 und der Niederländer 35 - ist nach zehn gemeinsamen Jahren beim deutschen Rekordmeister Schluss. Beide waren zuletzt oft verletzt und noch gut, aber nicht mehr gut genug. Ihre Erfolge aber sind herausragend: Champions-League-Triumph 2013, dazu sieben gemeinsame Meistertitel und vier Pokalsiege. Ribéry kommt gar auf insgesamt acht Meisterschaften und fünf Pokalerfolge.
HENDRIK WEYDANDT: Er ist der einzige Lichtblick in einer völlig verkorksten Saison, weil er sich trotz des Abstiegs von Hannover 96 den Traum aller Amateurfußballer erfüllte: von der Kreisliga in die Bundesliga in nur vier Jahren. 2015 spielte er noch für die TSG Groß Munzel in der Kreisliga Hannover-Land. Vor dieser Saison wechselte er vom Regionalligisten 1. FC Germania Egestorf/Langreder zu 96, wo er eigentlich nur in der 2. Mannschaft spielen sollte. Er überzeugte aber auch bei den Profis mit sechs Toren in 27 Bundesliga-Spielen.