Gierige Meister-Bayern erdrücken die Liga
München (dpa) - Dieser gnadenlose FC Bayern kann seinen Meister bestenfalls in Europa finden. Nach der 5:1-Machtdemonstration im Bundesliga-Gipfel gegen gedemütigte Dortmunder zweifelt niemand mehr am 26. nationalen Fußball-Championat der gierigen Münchner, die trotzdem noch besser werden wollen.
„Es muss erkennbar sein, dass man gegen Bayern München keine Chance hat. Da sind wir auf dem Weg, aber noch nicht richtig gut“, erklärte Sportvorstand Matthias Sammer. Wie alle anderen im Krösus-Club mochte er am Sonntagabend noch keine vorschnellen Gratulationen zum historischen vierten Meistertitel in Serie annehmen. „Diese magische Vier reizt uns extrem. Aber es ist der 8. Spieltag, und wir bestreiten einen Marathonlauf.“ Nicht „einen Millimeter“ werde man nachlassen.
Den Zielstrich will der deutsche Rekordmeister am 28. Mai 2016 in Mailand jubelnd überqueren, im Champions-League-Finale. Mit der Bundesliga-Bestmarke von acht Siegen in den ersten acht Spielen wie in der Triple-Saison 2012/13 haben die Münchner schon mal „einen wunderbaren Start“ hingelegt, wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in Lederhose und Trachtenjanker frohlockte. „Aber jeder weiß, dass die richtige Champions League erst mit dem K.o.-System im Februar beginnt. Die Parole bei uns heißt: Unaufgeregt weitermachen!“
Den Rathaus-Balkon können die Bayern, die mit einer Mischung aus Begeisterung und Sachlichkeit derzeit Tor-Festivals am Fließband feiern, für ihre erste Titelparty ruhigen Gewissens bereits buchen. Nach einem Viertel der Saison ist der BVB um sieben Punkte distanziert, acht sind es auf Schalke. Champions-League-Teilnehmer wie Bayer Leverkusen (11 Punkte Rückstand) und der VfL Wolfsburg (12) sind meilenweit abgehängt. Der Titelkampf ist schon wieder langweilig. Auch Dortmunds Trainer Thomas Tuchel zuckte nach seiner ersten Niederlage im 15. Pflichtspiel mit dem BVB resignierend mit den Schultern bei der Frage, ob die Bayern jemand aufhalten könnte.
„Es ist in der Summe zu gut. Abseits der Qualität ist es die Atmosphäre, die Bayern München geschaffen hat und die Pep wie schon einmal aufs höchste Niveau gedreht hat in Europa“, philosophierte Tuchel und schwärmte: „Es ist die Haltung, die Bayern ausmacht, die Gier, die Lust, die Bescheidenheit, die Schärfe, auch gegen uns noch einmal schärfer zu spielen als gegen andere Gegner, immer Top-Level abzurufen.“
Nur wenige Fußball-Giganten wie Real Madrid oder der FC Barcelona werden diesen beeindruckenden Bayern am Ende gefährlich sein können. Mustergültig haben sie die Lehren aus dem Halbfinal-Scheitern der Vorsaison gezogen. Der Kader wurde mit Spielern verstärkt, die wie Douglas Costa weit mehr sind als nur Backups für die bislang unverzichtbaren Erfolgsgaranten Ribéry und Robben. Dazu wollen die Münchner - anders als nach den Meistertiteln 2014 und 2015 - im dritten Jahr unter Pep Guardiola niemals locker lassen.
„Wenn ein Spieler denkt, es ist vorbei, wird dieser Spieler ein großes Problem mit seinem Trainer kriegen“, drohte Guardiola. Die Rückkehr von Robben als weitere Alternative naht. Am Montag trainierte er wieder auf dem Platz. Dazu soll auch Ribéry nach der Länderspielpause auf den Rasen zurückkehren.
Die Anspannung im Kader ist aber auch ohne weitere Konkurrenz hoch, die Lust auf Siege groß. „Wir wollen alle, der Hunger ist bei jedem einzelnen da“, signalisierte Thomas Müller nach der nächsten Torgala. Der Weltmeister war wie Robert Lewandowski Doppel-Torschütze, dazu traf Mario Götze gegen seinen Ex-Club. „Wir können nicht den gleichen Fehler machen wie in der letzten Saison. Im wichtigsten Moment hatten wir keine gute Form. In dieser Saison wollen wir auch alle Spiele gewinnen, egal wie viele Punkte Vorsprung wir haben“, verkündete Lewandowski: „Egal ob das Bundesliga, Champions League oder Pokal ist.“ Kapitän Philipp Lahm betonte am Montag ebenfalls: „Wir sollten weiter versuchen, uns zu verbessern. Dann hat die Mannschaft die Qualitität in allen Wettbewerben sehr, sehr weit zu kommen.“
Berauschende Auftritte wie gegen Wolfsburg, Zagreb oder Dortmund sollen auch beim Großprojekt Trainer-Vertrag helfen. „Es steht viel pro Bayern München auf dem Tisch. Und so ein Spiel wird den Trainer sicherlich auch glücklich machen“, orakelte Rummenigge, der bis Jahresende für Klarheit sorgen möchte. Guardiolas Dreijahresvertrag läuft am 30. Juni 2016 aus.
Die Langeweile im Bundesliga-Titelkampf ist den Münchnern herzlich egal. „Das interessiert uns nicht. Wir werden jetzt nicht absichtlich Spiele verlieren“, erklärte Nationaltorhüter Manuel Neuer. In Dortmund sieht man es auch realistisch. „Bayern München wird deutscher Meister, das habe ich schon vor dem Spiel gesagt“, erklärte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke am Montag in Sky und sieht die Münchner auf Sicht als Dauermeister an. „Wir haben die Strukturen so manifestiert, da können wir nix zu.“
26:3 Tore in sieben erfolgreichen Pflichtspielen lautete die Bilanz seit der vorangegangenen Länderspielpause. In anderthalb Wochen wollen die Bayern nach der nächsten ligafreien Zeit genau dort anknüpfen. „Warum sollten wir nicht konzentriert sein?“, fragte Guardiola. Die Bayern jagen derzeit nur noch sich selbst.