Heynckes-Eigenlob: Bester Bayern-Fußball der Historie

Doha (dpa) - Amtsmüde wirkt Jupp Heynckes wahrlich nicht. Die mögliche Rente mit 68 scheint ihn nicht zu reizen, auch wenn sein Vertrag beim FC Bayern im Sommer ausläuft. In kurzer Hose und mit einer Kappe als Sonnenschutz scheucht er die Münchner Fußball-Stars im Trainingslager in Katar über den Rasen.

„Der unbändige Hunger“ seiner Spieler nach Titeln treibt dabei auch ihn an. Der älteste Trainer der Bundesliga arbeitet an seinem Denkmal. Seine Neujahrsansprache am Donnerstag nutzte der Coach des mit neun Punkten führenden Herbstmeisters dazu, ein flammendes Plädoyer in eigener Sache zu halten. Die Eigenwerbung gipfelte darin, dass Heynckes das aktuelle Team um Franck Ribéry schon jetzt über die dreifachen Europapokalsieger von 1974 bis 1976 um „Kaiser“ Franz Beckenbauer erhob.

„Der FC Bayern hat solch einen modernen, attraktiven, zeitgemäßen Fußball noch nie gespielt in seiner ganzen Historie“, schwärmte Heynckes und erläuterte: „Der FC Bayern hat immer große Mannschaften gehabt, hat große Erfolge gefeiert. Aber wie die Mannschaft in der ersten Halbserie gespielt hat von der Attraktivität nach vorne, aber auch von der großen Hingabe, Disziplin und Organisation zur Defensive, ist für mich außergewöhnlich.“

Geschaffen hat er dieses Werk natürlich im Zusammenwirken mit seinem Trainerstab sowie den Spielern. Es hat eine Saison mit drei zweiten Plätzen gebraucht, aber jetzt sieht sich Heynckes kurz davor, die Ernte einzufahren. „Ein Trainer braucht auch ein bisschen Zeit, um seine Ideen und seine Art, Fußball zu spielen, mit seiner Mannschaft umzusetzen. Ich bin jetzt anderthalb Jahre beim FC Bayern und man sieht, dass das Früchte trägt.“ Die Pokale würden aber erst im Mai verteilt, mahnte Abwehrspieler Dante: „Ich will auf jeden Fall Titel holen. Aber es ist noch nicht fertig - es ist erst Halbsaison.“

Der Ruf nach größerer Wertschätzung fällt in jene Phase, in der die Bayern-Bosse die Weichen für die Zukunft stellen müssen. Heynckes sorgte auch zu Jahresbeginn nicht für Klarheit, verwies auf das mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vereinbarte „Zeitfenster“, bis März Gespräche zu führen. Immerhin verriet er: „Meine Frau und ich haben uns schon darüber unterhalten.“

Heynckes ist ein Trainer vom alten Schlag, aber seine Methoden können immer noch greifen. Die Frage nach seinem Masterplan für die Rückrunde konterte er mit einem Seitenhieb auf die als innovativ geltende junge Trainer-Generation. „Masterplan ist mir zu dramatisch. Das haben die jungen Trainer heute, die Konzept- und Laptop-Trainer, die gekommen und gegangen sind in der Liga. Die machen so was.“

In Doha aber hat sogar Heynckes eine Veränderung ins Programm aufgenommen. An einigen Tagen sind drei Einheiten angesetzt, obwohl er davon eigentlich „nicht so viel hält“. In diesem Wintercamp zählt in Doha ein Ausdauerlauf von 45 Minuten morgens um 7.45 Uhr zum erweiterten Arbeitspensum für Kapitän Philipp Lahm und Co.

Nach zwei Dortmunder Meistertiteln sieht Heynckes den FC Bayern wieder als Maßstab im deutschen Fußball. „Ich glaube nicht, dass viele Mannschaften in der Bundesliga so arbeiten wie wir“, sagte er unter dem Eindruck der „optimalen Bedingungen“ in Doha. Der „Wohlfühlfaktor“ in der „Aspire Academy“ mit angegliedertem Hotel sei wichtig, um aus den Spielern noch mehr herauszukitzeln. Auch Heynckes gibt - auf der Zielgeraden seiner Laufbahn - alles, räumt aber ehrlich ein: „Der Job als Cheftrainer beim FC Bayern ist wahnsinnig intensiv. Das kostet auch Substanz.“