Heynckes wieder daheim - Bayern „größer“ als Real

München (dpa) - Trainer-Senior Jupp Heynckes hat zu Beginn seiner dritten Amtszeit in München statt großspuriger Titelversprechen und Kampfansagen an Borussia Dortmund lieber eine Liebeserklärung an den FC Bayern abgegeben.

„Ich fühle mich, als wenn ich nach Hause gekommen bin“, sagte der 66-Jährige nach dem Trainingsaufgalopp mit zunächst nur sieben Profis. Der Rückkehrer strahlte mit der Sonne um die Wette und bekundete nach der ersten Übungseinheit mit den Neuzugängen Rafinha und Nils Petersen sowie dem von einem Zehenbruch genesenen Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger: „Das ist eine emotionale Sache: Hier beim FC Bayern fühle ich mich sauwohl.“

Heynckes erhob Bayern sogar über seinen Ex-Club Real Madrid, den er 1998 zum Champions-League-Triumph geführt hatte: „Ich habe in Madrid mal gesagt, dass der größte Club für mich in Europa der FC Bayern ist. Das ist nicht gut angekommen, das war nicht so lustig.“

Der Ex-Nationalspieler, der bereits von Juli 1987 bis Oktober 1991 sowie für fünf Wochen am Ende der Saison 2008/09 die Kommandos beim Rekordmeister gab, ist jedoch nicht nach München heimgekehrt, um bei seinem Lieblingsclub zum Abschluss seiner Trainer-Karriere nur Spaß mit alten Weggefährten wie Präsident Uli Hoeneß zu haben. Heynckes will viel bewegen und den Club nach den Turbulenzen der Ära Louis van Gaal zumindest in Deutschland wieder sportlich zur Nummer 1 machen. „Der FC Bayern in diesem Jahr wird ein ganz anderer FC Bayern sein als letztes Jahr. Davon können Sie mal ausgehen“, verkündete er.

Sportdirektor Christian Nerlinger erlaubte sich bei der Vorstellung des Wunschtrainers sogar einen Seitenhieb auf dessen Vorgänger van Gaal, indem er bei seiner Laudatio auf Heynckes dessen „unumstrittene menschlichen Qualitäten“ besonders hervorhob.

Auch Heynckes braucht natürlich vor allem Erfolg. Er soll Meister Dortmund wieder entthronen und muss die Bayern schon im August in die Champions League führen. Aber das gehe nur mit „intensiver harmonischer Arbeit“, wie der 66-Jährige anmahnte: „Auch der FC Bayern muss sein Leistungsvermögen abrufen, um wieder Branchenführer zu werden und die Pole Position einzunehmen.“

Heynckes nimmt sein Starensemble, das erst ab Freitag nach der Rückkehr der vielen Nationalspieler aus dem verlängerten Urlaub komplett sein wird, in die Pflicht. Die Mannschaft müsse wieder „in die Erfolgsspur zurückfinden“, in der sie in der vorletzten Saison gewesen sei. Die Latte liegt damit extrem hoch - Meister, Pokalsieger und Champions-League-Finalist waren die Bayern 2010.

Um nach einem spaß- und titellosen Jahr wieder auftrumpfen zu können, wollen die Bayern noch weiter personell aufrüsten. Als vierter Neuzugang neben Nationaltorwart Manuel Neuer (Schalke 04), Rechtsverteidiger Rafinha (FC Genua) und Zweitliga-Torschützenkönig Nils Petersen (Energie Cottbus) haben die Bayern Takashi Usami (19) von Gamba Osaka für ein Jahr ausgeliehen. Das Talent aus Japan verfüge über „große Qualitäten“, so Nerlinger. Usami könnte außen eine Alternative zu Franck Ribéry und Arjen Robben werden.

Vorrang genießen aber die Wunschspieler Jérome Boateng von Manchester City für die Innenverteidigung und Mittelfeldspieler Arturo Vidal von Bayer Leverkusen. Heynckes lässt sich auch von den klaren Aussagen der Leverkusener Verantwortlichen, die Vidal nicht innerhalb der Bundesliga wechseln lassen wollen, nicht beeindrucken. Wenn der Millionentransfer „wider Erwarten“ nicht in diesem Sommer passiere, hoffe er auf den Vollzug in einem Jahr, sagte Heynckes.

Auch beim Ex-Hamburger Boateng zieht sich der Transferpoker hin. Manchester habe für den 13-maligen Nationalspieler „einen utopischen Preis ausgerufen“. Der englische Topclub hatte vor einem Jahr 12,5 Millionen Euro an den Hamburger SV bezahlt.

Heynckes will mit Boateng und Vidal die Defensive verstärken, denn der FC Bayern müsse wieder „eine bessere Balance zwischen Offensive und Defensive“ erhalten. Die Zeit drängt: Der erste Ernstfall steht am 1. August im DFB-Pokal gegen Eintracht Braunschweig an. „Wir haben ein sehr intensives Programm vor der Brust“, erklärte Heynckes.