Aufsteiger kein „Feind“ Hoeneß entschuldigt für Wortwahl bei Leipzig
München (dpa) - Das Hochgefühl von Uli Hoeneß konnte nicht einmal der nächste klare Sieg des so forschen Emporkömmlings RB Leipzig trüben. Ganz im Gegenteil: Der starke Auftritt der Sachsen in Freiburg schien den 64-Jährigen nach seiner Inthronisierung nur zusätzlich anzustacheln.
Und so reaktivierte Hoeneß schon Minuten nach seinem umjubelten Comeback im Präsidentenamt des FC Bayern die während seiner zweieinhalbjährigen Abwesenheit ruhende Abteilung Attacke.
„Leipzig hat 4:1 gewonnen. Wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich wieder attackieren können“, rief Hoeneß den mehr als 7000 Mitgliedern zu, die ihn am späten Freitagabend mit mehr als 97 Prozent Zustimmung wieder zum Fußball-König von Bayern krönten.
Einen Tag später zeigte er aber auch eine andere Seite und gab sich einsichtig ob seiner Wortwahl. „In meiner Euphorie habe ich ein völlig falsches Wort gewählt“, sagte er am Samstag beim TV-Sender Sky vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen. Nur im Krieg gebe es Feinde. „Im Fußball gibt es keine Feinde, sondern nur Gegner oder Rivalen“, fügte Hoeneß hinzu. „Ich nehme das Wort zurück und entschuldige mich.“
Hoeneß fürchtet den neuen Konkurrenten in jedem Fall nicht. Nein, er begrüßt es vielmehr, dass dem Serienmeister in der Bundesliga der Titel mal wieder streitig gemacht werden soll. „Denn wenn man ehrlich ist, mussten wir unsere Motivation die letzten Jahre immer aus uns selbst holen, weil uns niemand gereizt hat. Weil uns keiner geärgert hat. Es ist höchste Zeit, dass wir sie wieder richtig bekämpfen“, sagte er.
Zur Pressekonferenz nach der erst nach Mitternacht beendeten Versammlung erschien er mit einem Bayern-Fanschal. Von Leipzig als Feind mochte er schon da nicht mehr sprechen. Lieber bezeichnete er den Aufsteiger als „Rivalen“. Die Leipziger hätten eine „sehr hungrige Mannschaft“ mit einem „hervorragenden Trainer“ Ralph Hasenhüttl, sagte er anerkennend: „Ich denke, dass sie in der Winterpause möglicherweise noch was zulegen, der Herr Mateschitz wird es schon richten“, sagte Hoeneß mit dem unausgesprochenen Verweis auf die Millionen des österreichischen Brauseherstellers Red Bull.
„Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Spaß kommt auf. Es ist ganz wichtig, dass wir wieder richtige Gegner haben, denn das wirkt nicht leistungsmindernd für einen Profi bei Bayern, sondern eher leistungsfördernd“, erklärte der Klartextredner Hoeneß.
Beim eigenen Starensemble hat er aktuell eine Leistungsdelle ausgemacht. Themen wie ein künftiger Sportdirektor Philipp Lahm oder die Verlängerung von Verträgen wie bei Franck Ribéry oder Arjen Robben drängt Hoeneß in den Hintergrund. „Wir müssen darüber reden, wie wir die Spiele wieder gewinnen. Das wird jetzt die Hauptsache sein“, sagte er. Spätestens nach der Winterpause soll die nationale Hierarchie mit dem FC Bayern als Nummer 1 wiederhergestellt sein.
Wer einen völlig veränderten Uli Hoeneß nach der schweren Zeit im Gefängnis erwartet hatte, sah sich getäuscht. Der 64-Jährige strotzt vor Energie und Tatendrang. Die Zuneigung und Liebe, die ihm Fans, aber auch wildfremde Menschen während seiner Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung in Tausenden von Briefen bekundeten, hätten ihn in den einsamen Stunden in seiner Zelle immer wieder aufgebaut. „Das hat mich davon träumen lassen, so einen Tag noch mal erleben zu lassen“, sagte er nach seiner überwältigenden Wahl. Nur 108 Mitglieder stimmten gegen ihn, 58 enthielten sich.
Hoeneß bekam die erbetene zweite Chance. „Ich verspreche Euch, ich werde Euch nicht enttäuschen“, sagte er dankbar. Es werde keinen Teilzeit-Präsidenten Uli Hoeneß geben, sondern einen, der immer da sein werde, „wenn es wichtig ist für den FC Bayern“.
Das war auch eine Ansage nach innen. Hoeneß, der Anfang 2017 auch wieder den Vorsitz im Aufsichtsrat anstrebt, wird im Gegensatz zu seinem mit Ovationen verabschiedeten Vorgänger Karl Hopfner auch im Tagesgeschäft sehr aktiv mitmischen. „Ich muss an so einem Abend kein Programm aufstellen“, sagte er zwar. Denn der FC Bayern sei „ein wunderbarer Verein mit einer wunderbaren wirtschaftlichen Basis“.
Aber er möchte überall mitmischen, als „Bindeglied“, „Kümmerer“ und „Ratgeber“. Nicht nur der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge ist neugierig auf die neue Zusammenarbeit. Zwei Alphatiere müssen die Macht wieder teilen und den FC Bayern als Partner in die Zukunft führen. Der FC Bayern hat sich in den zweieinhalb Jahren ohne ihn verändert. Bewerten mochte das der Rückkehrer lieber nicht: „Das ist eine zu grundsätzliche Frage, die einen unglaublichen Sprengstoff birgt. Also möchte ich sie heute Abend nicht beantworten.“