Holger Badstuber nach Comeback „nicht mehr der Alte“
München (dpa) - Blasmusik gab's, Alphornbläser und am Ende einen 3:0-Sieg gegen die Red Baroons Dietmannsried in Memmingen, dem Geburtsort von Holger Badstuber. Und alles nur für Badstubers Comeback nach 19 Monaten Verletzungspause.
Zumindest muss es sich für den Innenverteidiger des FC Bayern München so angefühlt haben, als er am Freitagabend die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führte. „Ich bin dankbar, dass ich jede Minute genießen kann, die ich auf dem Platz stehe“, sagte er später. Kapitän gewesen zu sein, sei eher „zweitrangig“ gewesen. „Wichtig ist, dass ich gesund bin, dass ich im Spiel keine Hemmungen habe und dass ich mich sicher fühle. Das war das A und O“, sagte der 25-Jährige.
Derartiges Understatement ist man vom deutschen Nationalspieler gewohnt. Und hier spielte ja auch niemand die letzten Minuten eines Champions-League-Finales nach zehn Jahren in einer Gletscherhöhle, sondern ein Testspiel gegen eine vor allem mit Regionalligisten bestückte Fröhlichkeitsmannschaft. Aber immerhin schloss sich hier vorerst ein leidensreiches Kapitel einer Sportlerkarriere.
Im Bundesliga-Heimspiel am 1. Dezember 2012 gegen Borussia Dortmund war sein Kreuzband im rechten Knie gerissen. Es folgte eine lange Verletzungszeit mit zahlreichen Rückschlägen. Der ersten Kreuzband-OP folgte im März 2013 eine zweite wegen gereizten Narbengewebes. Im Mai riss das Kreuzband in der Reha erneut, Badstuber wurde wieder operiert. Im Oktober 2013 gab es ein neues Kreuzband für den damals 24-Jährigen, seitdem arbeitete er daran, endlich wieder offiziell gegen den Ball treten zu dürfen. Im Februar dieses Jahres hatte er wieder mit dem Lauftraining begonnen, und in Memmingen sollte die Leidenszeit nun vorbei sein.
Badstuber erklärte vor dem Spiel angesichts des nahenden Endes von 593 Tagen Pause ziemlich ruhig: „Ich freue mich natürlich riesig drauf.“ Dass er seine Rückkehr in seinem Geburtsort feiern durfte, in einem Stadion, in das dank drei mobiler Tribünen 11 150 Zuschauer passten, fand er auch „eine schöne Sache“.
Nach dem Spiel klang das schon etwas anders: 58 Minuten lang wirkte er als zentraler Spieler in der Dreierkette der Bayern mit, an den drei Toren waren andere beteiligt, David Alaba (5., 37.) und Daniel Hägler (14.) erzielten die Tore. Der Münchner „tz“ erklärte Badstuber sichtlich bewegt: „Ich bin nicht mehr der Alte. Ich bin anders vom Kopf her, bin ein anderer Spieler und werde anders zurückkommen. Aber dafür muss ich viel arbeiten.“ Momentan sei er schmerzfrei, er bekomme auch immer mehr Gefühl für die Situationen und Räume.
Ob er zumindest ein kleines Gänsehautgefühl gehabt habe beim ersten Ball, den er spielte? Nee, sagte Badstuber schlicht. Er habe doch schon einige Trainingseinheiten gemacht. „Ich bin da eigentlich relativ cool. Jeder Ball, den ich spiele, spiele ich mit Freude. Ich versuche, meine Mitspieler in Aktion zu setzen. Und da ist dann immer ein tolles Gefühl dabei - vor allem, wenn der Ball ankommt.“
Als Badstuber nach seinen ersten 58 Spielminuten seit langem das Feld verließ, klatschten Trainer Pep Guardiola und er sich ab. Und lachten. Als feste Größe im Team hat Guardiola noch nie mit Badstuber planen können. Als er im vergangenen Sommer nach München kam, konnte der Verteidiger im Trainingslager nicht einmal Rad fahren mit seinem lädierten Knie. Aber das Guardiola'sche Prädikat, er sei ein „super, super Spieler“ bekam er trotzdem damals in einer Pressekonferenz.
Er lasse jetzt erst einmal ohne Druck alles auf sich wirken, sagte der neue Holger Badstuber in Memmingen über seine Zukunft. „Und dann schauen wir, wo die Reise hingeht.“