Hopfner beerbt Hoeneß: Unverhoffte Rolle
München (dpa) - Lange war Karl Hopfner für die Öffentlichkeit nur der dritte Mann auf der Bayern-Tribüne. Der dritte Mann, der bei den Spielen des FC Bayern an der Seite von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mitfieberte.
„Karl Hopfner ist natürlich der Allerruhigste von uns allen“, erzählte Hoeneß in jenen Zeiten, als er noch der mächtige Präsident und Aufsichtsratschef des deutschen Fußball-Rekordchampions war. Niemand ahnte damals etwas von einem geheimen Schweizer Konto, das zu seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung führen sollte und ihn als logische Konsequenz auch zum Rückzug aus seinen Bayern-Ämtern nötigte.
Seite an Seite hocken Hopfner und Hoeneß nicht mehr auf der Tribüne. Und drei Tage nach dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid werden sie sogar richtig die Stühle tauschen. Exakt 50 Tage nach dem Richterspruch gegen Hoeneß, der am 13. März vor dem Münchner Landgericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, stellt sich der langjährige Weggefährte Hopfner an diesem Freitag auf einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Wahl als Präsident.
Es dürfte ein emotionaler Abend im Münchner Audi Dome werden, wo Hoeneß im vergangenen November bei der turnusmäßigen Jahreshauptversammlung noch nach großem Zuspruch der Mitglieder Tränen vergoss. „Niemand hat sich je gewünscht, dass wir einen Nachfolger für Uli Hoeneß suchen müssen. Doch wenn - dann können wir uns keinen besseren Kandidaten als Karl wünschen“, äußerte Rummenigge. Nach der Wahl zum Präsidenten wird Hopfner wohl bald auch den Aufsichtsratsvorsitz der FC Bayern AG antreten, den nach Hoeneß' Rücktritt am 14. März „bis auf weiteres“ Adidas-Chef Herbert Hainer übernommen hatte.
Der 61-jährige Hopfner bat am Dienstag um Verständnis, dass er sich kurz vor seiner Wahl zum Nachfolger solch schillernder Figuren wie Hoeneß und Franz Beckenbauer nicht mehr öffentlich äußern wolle. Es ist bezeichnend für die langjährige graue Eminenz von der Säbener Straße. Der stille Hopfner meidet möglichst das Rampenlicht, in das er zuletzt durch seinen öffentlichen Streit mit Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke geraten war, der zu neuen Verwerfungen zwischen den nationalen Rivalen FC Bayern und BVB geführt hatte.
Für Hopfner war es keine Frage, dass er dem Verein, für den er 30 Jahre lang hauptamtlich tätig war, auch jetzt dienen wird - und das nun sogar in der ersten Reihe. Begonnen hatte seine Liaison mit dem FC Bayern mit einer lokalen Stellenanzeige. Der Verein suchte 1982 einen Geschäftsführer. Der junge Betriebswirt Hopfner bewarb sich. Und seine Anstellung erwies sich als ein Glücksfall, wie Hoeneß später sagte. Hopfner gilt als einer der Eckpfeiler für den Aufstieg des FC Bayern zum finanziell wohl solidesten Fußballclub der Welt.
Aus einem Dutzend Mitarbeiter wurden Hunderte. Und nach einem kleinen zweistelligen Millionenumsatz 1983 nähert sich der Krösus der Bundesliga aktuell Jahreseinnahmen von einer halben Milliarde Euro. Hopfners Prinzip lautete stets, „nicht mehr ausgeben, als man einnimmt“. Ein reiner Sparfuchs war er aber trotzdem nicht: „Qualität kostet“, sagte er über teure Millionentransfers. Beim Vertragspoker sei schwer anzukämpfen gewesen gegen Hopfner, verriet Nationalspieler Bastian Schweinsteiger einmal.
Auf den Jahreshauptversammlungen war Hopfner der Herr der Zahlen, der großen Applaus einheimste, wenn er wie ein stolzer Bankdirektor immer wieder Rekordsummen verkünden durfte. Als „Ludwig Erhard des FC Bayern, nur ohne Zigarre“, bezeichnete Rummenigge ihn einmal in Anlehnung an den legendären früheren CDU-Wirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler, der als Schöpfer des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders in den 1950er Jahren gilt.
Seinen Rückzug aus dem Vorstand Ende 2012 begründete der Hobbygolfer mit gesundheitlichen Gründen. Aber auch damit, „dass nach dreißig Jahren mit höchstens zwei Wochen Urlaub pro Jahr irgendwann mal Schluss“ sein müsse. „Gott sei Dank bleibt er uns erhalten“, erklärte Hoeneß damals, als Hopfner in sein Präsidium wechselte. Jetzt wird Hopfner ihn als Präsidenten beerben, was auch für den dritten Mann von der Tribüne eigentlich unvorstellbar war.