HSV von Fink enttäuscht - Investor Kühne will Magath

Hamburg (dpa) - Thorsten Fink wirkte gelöst, geradezu erleichtert nach seinem Rauswurf. Befreit vom Druck der vergangenen Wochen nahm der beurlaubte Chefcoach des Hamburger SV am Dienstag am Stadion Abschied vom Fußball-Bundesligisten.

Oben im Presseraum suchte der Vorstand die Trennung nach nur fünf Spieltagen zu begründen und benannte das Duo Rodolfo Cardoso/Otto Addo als Interimslösung auf der Trainerbank. „Ich glaube, dass ich in zwei Jahren hier etwas entwickelt habe“, sagte Fink, wie immer in einen schicken Anzug gehüllt. „Ich bin stolz, bei diesem großen Club gearbeitet zu haben, der immer wieder polarisiert.“ Wenige Minuten zuvor hatte er dem Team in seiner letzten Ansprache Erfolg in der Zukunft gewünscht. Fink versicherte: „Die Mannschaft hat das Zeug dazu.“

Nach nur einem Sieg und vier Punkten in fünf Saisonspielen und der peinlichen 2:6-Pleite bei Borussia Dortmund sah der HSV keinen Ausweg mehr. „Wir haben einen Fehlstart hingelegt, in den Spielen nicht überzeugt, keine Konstanz gezeigt. Wir haben keine klare Linie erkennen können. Es war ein kleines Wirrwarr zu sehen“, sagte Sportdirektor Oliver Kreuzer. Dem gebürtigen Mannheimer war anzusehen, wie nahe ihm die Trennung von seinem Freund ging. Er war am Montag nach einer eilig einberufenen Vorstandssitzung extra nach München geflogen, wo Fink einen Kurzstopp bei seiner Familie eingelegt hatte, um ihm die Hiobsbotschaft zu überbringen.

Das Urteil im Vorstand ist laut Kreuzer einstimmig gefallen. „Wir haben nicht geglaubt, dass Thorsten zum Turnaround in der Lage ist“, erklärte der Sportchef und formulierte einen Wunsch: „Ich hoffe, dass unsere Freundschaft darunter nicht leidet.“ Fink machte seinem Freund zumindest Mut: „Er hat mir vernünftig seine Meinung gesagt. Wir sind im Guten auseinander.“

Der Coach hatte sich in exakt 700 Tagen beim HSV einige Verdienste erworben. In der Saison 2011/2012 verhinderte er den Abstieg, ein Jahr darauf verpasste er mit dem Team knapp einen Europa-League-Platz. Letztlich fehlte aber der Beweis für eine kontinuierliche Entwicklung der Mannschaft. Immer wieder gab es gewaltige Rückschläge statt Fortschritt. Das Potenzial der Mannschaft konnte Fink dauerhaft nicht abrufen. Zum Verdruss im Vorstand trugen zahlreiche Systemwechsel im Spiel, die angepeilte Begnadigung aussortierter Spieler und seine regelmäßigen München-Reisen trotz Krisensituationen bei.

Die Suche nach dem Nachfolger läuft. „Der Neue muss gut sein, alle Spiele gewinnen und günstig sein“, verkündete Kreuzer schelmisch. Grundvoraussetzung sei die deutsche Sprache. „Es gibt einige Namen, die wir im Kopf haben.“ Markus Babbel sei das aber mit Sicherheit nicht. Ebenso wenig Felix Magath. Der ehemalige HSV-Profi und -Manager hat von sich aus abgesagt. „Ich stehe als Trainer für den HSV nicht zur Verfügung“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Nicht als Trainer, aber als Berater wäre Magath für HSV-Investor Klaus-Michael Kühne durchaus eine Lösung. „Man sollte ihm eine Chance geben in beratender Funktion, wenn er dem Verein einen Trainer zur Verfügung stellt“, sagte Kühne dem Internetportal „Sport1.de“ und brachte den langjährigen HSV-Profi und Magath-Assistent Bernd Hollerbach als Coach ins Gespräch. Gehandelt wird auch Franco Foda. Mit dem früheren Trainer des 1. FC Kaiserslautern hatte Kreuzer einst beim österreichischen Erstligisten Sturm Graz zusammengearbeitet.

Sicher ist derzeit nur, dass U-23-Trainer Rodolfo Esteban Cardoso - wie schon 2011 nach der Entlassung von Michael Oenning - den Feuerwehrmann spielt. Gemeinsam mit dem A-Juniorentrainer Addo wird der Argentinier, der zurzeit seinen Bundesliga-Trainerschein in Köln erwirbt, die Vorbereitung auf das wichtige Nordderby gegen Werder Bremen leiten. „Es ist klar, dass ich am Wochenende auf der Bank sitze“, ergänzte der Argentinier bei der Präsentation an Nachmittag. Auf dem Weg zum Unterricht in Köln habe ihn ein Anruf vom HSV mit der Bitte um sofortige Rückkehr erreicht. Wie lange er vom Lehrgang freigestellt werde, sei mit dem DFB aber noch nicht besprochen. Zum Nordderby meinte er: „Das ist ein geiles Spiel. Ich denke, dass die Mannschaft brennen wird.“

Wegen des brisanten Spiels konnte Kapitän Rafael van der Vaart die Trainerentlassung nicht nachvollziehen. „Oha, vor dem heißen Nordderby gegen Werder. Ich verstehe den Zeitpunkt nicht so ganz“, meinte der Niederländer in der „Bild“-Zeitung und fing sich prompt eine Rüge vom Sportchef ein. „Ich war sehr verwundert über sein Statement. Er soll schauen, dass er gut Fußball spielt“, mahnte Kreuzer.

Vereinspräsident Carl Jarchow äußerte sich ebenfalls bekümmert über den plötzlichen, aber unausweichlichen Schnitt. Einen Grund für persönliche Konsequenzen sieht er nicht. „Es gibt keinen Anlass, an meiner Person zweifeln zu lassen oder dass ich es nicht mehr machen möchte. Das ist kein Thema“, beteuerte der Vereinschef.