Ibisevic als Herthas Mini-Lewandowski
Berlin (dpa) - Das wiedergefundene Tore-Glücksgefühl durfte Vedad Ibisevic nach dem „Doppelpack“ gegen Köln ausgiebig genießen. Hertha-Trainer Pal Dardai hatte dem umjubelten Matchwinner und allen anderen Profis als Belohnung für den Sprung ins obere Tabellen-Drittel einen freien Tag spendiert.
„Das ist eine große Erleichterung“, gab der Neu-Berliner zu: „Für mich ist das schön, zwei Tore geschossen zu haben. Jeder Stürmer braucht das für das Selbstvertrauen.“
Mit dem Treffer-Doppelpack, der die eigene 20-monatige Torflaute beendete, hat Ibisevic nicht nur für den besten Saisonstart seines neuen Vereins seit acht Jahren gesorgt. Dem 31-Jährigen ist endlich auch ein großer Schritt aus seiner persönlichen Krise gelungen. Es waren seine ersten Bundesliga-Tore nach 20 Monaten, nach genau 601 Tagen. „Zig Monate - das hört sich schrecklich an. Ich habe natürlich in dieser Zeit auch nicht viel gespielt“, bemerkte der glückliche Matchwinner, am Dienstag-Abend Herthas Mini-Lewandowski.
Zwar erzielte Ibisevic keine fünf Treffer wie das Bayern-Original Robert Lewandowsi gegen Wolfsburg, doch immerhin auch zwei entscheidende. Erst „wischte“ Ibisevic gegen die Kölner nach Flanke von Marvin Plattenhardt in klassischer Mittelstürmer-Art den Ball per Kopf ins lange Eck des Kölner Tores. Und wie nach Drehbuch schloss er den letzten Konter zum 2:0-Endstand ab. „Genau das hat uns gefehlt, einen Spieler mit dem Profil hatten wir vorher nicht“, sagte Chefcoach Dardai: „Kalou und Ibisevic haben gut funktioniert. Das sah gut aus.“
Auch der Mut des Ungarn, beide Angreifer in die Startelf zu stellen, wurde belohnt. Einen besseren Start hatte es für den Hauptstadtclub zuletzt in der Spielzeit 2007/08 gegeben, als die Berliner nach sechs Runden mit zwölf Zählern hinter dem FC Bayern sogar auf Rang zwei lagen. „Abgebrüht“ nannte FC-Coach die Qualität beim Kontrahenten: „Hertha hat einige Füchse dabei.“
Vor allem eben Ibisevic. Dem „Doppelpacker“ (43. und 90.+4) fehlte zum persönlichen Glück nur eins: „Meine Familie ist noch nicht in Berlin.“ Dafür haben die Berliner Fans - am Dienstag waren insgesamt 40 181 Zuschauer im Olympiastadion - ihren neuen Torjäger schon ins Herz geschlossen. Bereits in seinem dritten Spiel für Hertha zeigte der Routinier, wie wertvoll er noch sein kann. „Auf dem Platz fühle ich mich wohl“, erklärte Ibisevic zum Ende seiner Leidenszeit.
Auch Manager Michael Preetz fühlte sich bestätigt. „Ich habe gewusst, dass man das Toreschießen nicht verlernt“, sagte Herthas ehemaliger Torjäger. Gegen die Kölner standen in Ibisevic, dem jungen Niklas Stark, Vladimir Darida und trotz einer gebrochenen Zehe auch Mitchell Weiser alle vier Neuzugänge erstmals zusammen in der Startelf. Dazu zeigte Ersatztorwart Rune Jarstein, der für Stammkeeper Thomas Kraft (Schulterprellung) ran musste, eine starke Leistung.
Sein letztes Tor für den VfB Stuttgart hatte Ibisevic beim 1:2 gegen Bayern München am 29. Januar 2014 erzielt. Danach verlor er zuerst seine Sicherheit, dann seinen Stammplatz und schließlich auch das Vertrauen der VfB-Chefs. Der Wechsel nach Berlin soll zum Neuanfang werden - der erste Schritt dazu ist getan.