Schanzer-Vorbild Bremen „Ingolstadt hat wieder Puls“ - Augsburg in Not
Augsburg (dpa) - Im engen Kabinentrakt der Augsburger Arena trafen extreme Gefühlswelten aufeinander. Hier die strahlenden Ingolstädter Fußball-Profis, deren anfangs belächelte „Mission Wunder“ nach dem 3:2 im bayerischen Abstiegsderby beim FC Augsburg Fahrt aufnimmt.
„Ingolstadt hat wieder Puls“, verkündete Kapitän Marvin Matip nach dem zweiten Lebenszeichen der schon totgesagten Oberbayern in einer Englischen Woche, in der sich der Abstiegskampf weiter zuspitzt.
Wenige Meter weiter standen die verstörten Augsburger, die neben Ratlosigkeit und Frustration platte Durchhalteparolen verkündeten. Manager Stefan Reuter bemühte sich im Kreuzverhör mit den Reportern, Ruhe und Zuversicht auszustrahlen, unter anderem mit einem Bekenntnis zum Bundesliga-Trainernovizen Manuel Baum. „Die Nerven werden wir definitiv nicht verlieren“, sagte Reuter. Baum bleibt, basta! „Dafür stehen wir, dass wir geschlossen an der Sache arbeiten“, äußerte Reuter zum eigenen Augsburger Weg in sportlichen Krisenzeiten.
In Ingolstadt haben sie nie den Glauben an sich und ein Comeback im Abstiegskampf verloren. Mit zehn Punkten Rückstand auf Platz 16 gingen die Schanzer in die Englische Woche. Nach zwei Siegen gegen Mainz (2:1) und nun in Augsburg durch Tore von Sonny Kittel und den nur 1,70 Meter großen Almog Cohen, dem als Profi erstmals in einem Spiel zwei Kopfballtore gelangen, sind es plötzlich nur noch vier.
Und mit einem weiteren Heimsieg am Sonntag gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten Darmstadt 98 könnte Ingolstadt womöglich bis auf einen Zähler dran sein an Augsburg und dem FSV Mainz (beide 29). „Ein Dreier gegen Darmstadt, und wir sind wieder dick im Geschäft“, sagte Matip zur eröffneten Aufholjagd des FC Ingolstadt.
Das FCI-Vorbild lautet Werder Bremen. „Man sieht es an Bremen, so ein Lauf kann lange anhalten“, sagte Matip. „Wenn wir unsere Leistung über 90 Minuten konservieren, können wir jeden Gegner schlagen“, erklärte Trainer Maik Walpurgis. „Wir spielen seit Monaten mit dem Druck. Den kriegen jetzt Wolfsburg, Mainz, Augsburg“, erklärte der bärenstarke Cohen: „Keiner von uns will in die 2. Liga!“
So trat Ingolstadt in Augsburg auch auf. Die Gäste bestraften die haarsträubenden Defensivschwächen der Gastgeber, die nach dem 0:6 in München wieder desolat verteidigten. „Klar ist, dass du mit so vielen Gegentoren nicht drin bleibst“, gestand Torhüter Marwin Hitz. 24 Gegentore - kein Bundesligateam kassierte mehr in der Rückrunde.
Auch Baum beklagte die Abwehrfehler, klammerte sich aber lieber an die späte Reaktion seiner Mannschaft, die das alarmierende Desaster durch die Tore von Paul Verhaegh (Foulelfmeter) und Halil Altintop noch abmildern konnte. „Was mich sehr positiv stimmt, ist, dass wir nach dem 0:3 nicht aufgegeben haben“, sagte Baum. Über seinen Job mache er sich „gar keine Gedanken“, erklärte der 37-Jährige.
Reuters Gedanken kreisen in erster Linie auch nicht um Baum. „Ich werde keine Forderungen an den Trainer aufstellen“, erklärte der Manager. „Wir denken nicht über die 2. Liga nach, sondern wir beschäftigen uns mit Hertha BSC“, äußerte Reuter mit dem Blick auf das Auswärtsspiel am Sonntag bei den heimstarken Berlinern.
„Die Konstellation im Abstiegskampf ist in diesem Jahr extrem. Es sind noch sieben Spiele, in denen wir die nötigen Punkte einfahren können, um am 34. Spieltag glücklich zu sein“, betonte Reuter. Der Trend spricht seit Mittwochabend aber eher für ein Ingolstädter Happy End. „Alle haben uns für tot gehalten, aber wir leben wieder“, sagte Kapitän Matip, bevor er die Augsburger Arena sehr zufrieden verließ.