Kein neuer Fall Bosman: Befristete Verträge sind rechtens
Mainz (dpa) - Es gibt keinen neuen „Fall Bosman“, dem deutschen Profifußball bleiben radikale Umwälzungen erst einmal erspart.
In einem brisanten Rechtsstreit zwischen dem Bundesligisten FSV Mainz 05 und seinem früheren Torwart Heinz Müller entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, dass Vereine ihren Spielern auch weiterhin befristete Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge geben können. „Bei uns herrscht natürlich große Erleichterung. Das ist ein Erfolg nicht nur für Mainz 05, sondern für den gesamten Profisport“, sagte Club-Präsident Harald Strutz.
Bei Profifußballern liege eine „Eigenart der Arbeitsleistung“ vor, heißt es in der Urteilsbegründung. Arbeitsrechtlich bräuchten sie deshalb auch nicht wie „normale“ Arbeitnehmer behandelt werden.
Das Arbeitsgericht Mainz hatte zunächst im März 2015 ein solches Urteil gefällt und damit größte Befürchtungen bei Vereinen und Verbänden geweckt. Was passiert, wenn Spieler künftig nach zwei Jahren nur noch unbefristete Verträge erhalten dürfen? Müssen sie dann bis zur Rente bezahlt werden? Stehen dann pro Club 60 Profis unter Vertrag? Können die Superstars dann Jahr für Jahr ihre Verträge kündigen? Und bricht das Transfersystem dann völlig zusammen?
Dass das Landesarbeitsgericht dieses erste Urteil nun gekippt hat, sorgte im Fußball für große Erleichterung - auch wenn Müller und sein Anwalt noch in Revision gehen und vor das Bundesarbeitsgericht oder sogar vor den Europäischen Gerichtshof ziehen können. „Wir freuen uns über dieses klare Votum“, erklärte die Deutsche Fußball Liga in einer ersten Reaktion. Es sei nicht zu verkennen, „dass der Vergleich von millionenschweren Fußballern mit Fließbandarbeitern hakt“, sagte der Arbeitsrechtsexperte Manuel Evertz aus der Kanzlei CMS Hasche Sigle.
Die Spielergewerkschaft VdV verwies allerdings darauf: „Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde ausdrücklich Revision zugelassen“, sagte ihr Geschäftsführer Ulf Baranowsky. Die Vereinigung der Vertragsfußballspieler fordert seit langem, eine Art Tarifvertrag für Profis einzuführen und dadurch Rechtssicherheit zu schaffen. „Offensichtlich wollen die Clubs zunächst den Ausgang des Verfahrens abwarten. Damit gehen sie ein hohes Risiko ein“, sagte Baranowsky.
Der heute 37 Jahre alte Müller hatte 2012 einen neuen Zweijahresvertrag in Mainz unterschrieben. Der sollte sich ab einer bestimmten Anzahl von Bundesliga-Einsätzen automatisch verlängern. Ein halbes Jahr vor Ablauf dieses Vertrages sortierte der damalige 05-Trainer Thomas Tuchel den Torwart in der Winterpause der Saison 2013/14 aus. Müller musste den Verein im Sommer 2014 verlassen und zog vor das Arbeitsgericht. Er klagte auf „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis“.
Müller war es nie darum gegangen, das gängige System der Verträge und Transfers im Profifußball ins Wanken zu bringen. Er sah sich durch die sportliche Degradierung vor allem um Siegprämien und auch die Chance gebracht, dass sich sein Vertrag noch einmal automatisch verlängert. Er wollte ursprünglich „nur“ seine persönliche Weiterbeschäftigung erwirken oder zumindest den Gegenwert für ein weiteres Vertragsjahr erstreiten. Allein an Prämien seien ihm durch die Entscheidung von Tuchel 261 000 Euro entgangen, argumentierte er.
Das Landesarbeitsgericht wies Müllers Klage nun zurück. „Die Entscheidung des beklagten Vereins, dem Kläger die Chance auf die Teilnahme am aktiven Spielbetrieb und damit die Möglichkeit, die vereinbarte Punkteprämie in der Rückrunde der Saison 2013/2014 zu erreichen, zu versagen, war rechtlich nicht zu beanstanden“, heißt es. „Die Entscheidung darüber, ob der Spieler in Bundesliga-Spielen eingesetzt wird, unterliegt dem freien Ermessen des Trainers.“
Müller und sein Anwalt Horst Kletke haben nach eigenen Angaben „noch nicht entschieden“, ob sie in die Revision gehen. „Wir müssen das Urteil erst genau prüfen“, sagte Kletke.