Aufstiegseuphorie adé? Konfrontation zwischen Fans und 96 eskaliert

Hannover (dpa) - Von der Aufstiegseuphorie bei Hannover 96 scheint kaum noch etwas übrig zu sein. Eine Woche vor dem Pflichtspielstart spricht beim Bundesliga-Rückkehrer kaum jemand über Fußball, dagegen eskaliert der Streit zwischen Fans und Club.

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Am Tag nach den Ausschreitungen von rund 300 96-Chaoten in England und dem deshalb abgebrochenen Testspiel beim FC Burnley ging der Aufsteiger Teile der eigenen Fans deutlich an.

„Hannover 96 hat kein Verständnis dafür, dass ein Freundschaftsspiel, das wir auf Wunsch vieler unserer Fans in England organisiert hatten, von einer Minderheit als Bühne missbraucht wird, um das Ansehen des Clubs zu schädigen und damit das Image aller 96-Fans in Mitleidenschaft zu ziehen“, hieß es in einer Stellungnahme. Der Club geht damit auf Konfrontation zu den eigenen Ultras, denen die Krawalle zuzurechnen sind.

Wegen wiederholter Verfehlungen von Teilen des eigenen Anhangs spielen die Niedersachsen in Deutschland derzeit auf Bewährung. Sollte der Deutsche Fußball-Bund den Club auch wegen der Ausschreitungen in England belangen können, droht nun ein Teilausschluss der Öffentlichkeit. 96 sprach von einem „immensen Schaden“, der dem Club und der Mannschaft zugefügt worden sei.

96-Chaoten hatten am Ende der ersten Halbzeit des Testspiels versucht, den englischen Fanblock zu stürmen und warfen mit herausgerissen Sitzschalen. Die englische Polizei ließ das Spiel daraufhin beim Stand von 1:0 für Burnley abbrechen. Burnleys Trainer Sean Dyche sprach von „einer Schande“.

Am Tag danach war der Club bei der Saisoneröffnungsfeier zwar um Normalität bemüht. Ausgelassene Stimmung vor rund 18 000 friedlichen Fans wollte aber selbst beim gemeinsamen Trällern der Clubhymne von Anhängern und Mannschaft nicht so recht aufkommen. Außer der offiziellen Stellungnahme wollte sich kein Verantwortlicher äußern.

Die Eskalation kommt für den Aufsteiger eine Woche vor dem ersten Pflichtspiel im Pokal beim Bonner SC zur Unzeit. Der Club befindet sich ohnehin seit geraumer Zeit im Clinch mit Teilen des eigenen Anhangs. Der Saisonstart droht von weiteren, heftigen Protesten gegen Clubchef Martin Kind überschattet zu werden.

Der 73 Jahre alte Unternehmer steht wegen dessen geplanter Übernahme der Mehrheitsanteile an der 96-Profigesellschaft zu einem vergleichbar verschwindend geringen Betrag (12 750 Euro) in der Kritik. Der in England abwesende Kind wurde auch während des Spiels in Burnley wieder teilweise übel beschimpft.

Ein Vertreter des kritischen Club-Opposition warnte zwar davor, die Proteste mit den Krawallen in Verbindung zu bringen. „Wir sehen keinen Zusammenhang zwischen den Ausschreitungen und den Protesten gegen Martin Kind“, sagte Robin Krakau, Sprecher der Interessensgemeinschaft Pro Verein 1896, der Deutschen Presse-Agentur. „Ungeachtet dessen sind Ausschreitungen natürlich grundsätzlich kein gewünschtes Mittel des Protests.“

Doch der Club selbst brachte in seiner Stellungnahme die Krawalle in England und die anhaltenden Proteste gegen Kind sehr wohl in Zusammenhang. Offensichtlich befürchtet auch 96 trotz der Bundesliga-Rückkehr weiter schlimmes für die ersten Spiele der Saison. „Alle bei Hannover 96 freuen sich auf die neue Bundesligasaison und bitten rund um die Spiele um eine Stimmung, die unsere Profis auf dem Rasen unterstützt - ohne Gewalt und unter Beachtung der Stadionordnung“, hieß es in der Stellungnahme.

Die Vorkommnisse dürften auch Einfluss auf den Dialog zwischen Club und Fanvertretern angesichts der Proteste gegen Kind haben. „Ich kann nur an die Fairness aller Beteiligten appellieren, nicht alles mit einander zu vermischen“, sagte Krakau allerdings.