Luhukay wettert: „Bin kein Trainer ohne Strategie“

Berlin (dpa) - Dieses Mal hatte Jos Luhukay alles richtig gemacht. Der Trainer von Hertha BSC stauchte seine Profis zur Halbzeit zusammen, wechselte Matchwinner Sami Allagui ein - und die Minikrise der Berliner war nach dem 3:1-Sieg gegen den nun schwerer angeschlagenen FSV Mainz 05 beendet.

„Es war schon Frust dabei, den wir uns von der Seele geballert haben“, gestand Änis Ben-Hatira, der mit dem dritten Tor die deutliche Berliner Steigerung krönte.

Doch nicht der Mainzer Coach Thomas Tuchel ließ sich angesichts der vierten Ligapleite nacheinander, die es unter seiner Regie mit den Mainzern nie zuvor gegeben hatte, zu einer Brandrede hinreißen, sondern Luhukay. „Ihr tut immer so, als ob es selbstverständlich wäre, dass wir in vier Heimspielen dominant gespielt und dreimal gewonnen haben. Wir träumen doch nicht“, raunzte der eigentlich als höflich bekannte Niederländer.

Luhukay waren einige Fragen über die anfänglichen Probleme des Aufsteigers gegen Mainz und der nochmalige Vergleich mit der jüngsten Pokalpleite in Kaiserslautern auf den Magen geschlagen. „Es ist doch nicht selbstverständlich, dass Hertha BSC von der ersten Minute an ein Heimspiel dominiert. Warum redet Ihr über die erste Halbzeit und nicht über die zweite Halbzeit? Da haben wir einen Rückstand aufgeholt und das Spiel mit viel Power und Dynamik gedreht“, erregte sich Hertha-Chefcoach auf der Pressekonferenz.

Als er auch noch mit der Hand kräftig auf das Pult schlug, erschrak der Fußball-Lehrer wohl ein wenig vor sich selbst: „Langsam muss ich mich beruhigen und den Sieg genießen.“

Grund zum Genuss hatte der 50-Jährige sehr wohl. Dank Doppeltorschütze Allagui (48. und 73. Minute) beendete Hertha nicht nur die schwarze Serie von vier Pflichtspielen ohne Sieg. Mit elf Punkten sprang der Neuling am 7. Spieltag der Fußball-Bundesliga sogar ins vordere Tabellendrittel. „Wenn wir jedes Spiel gewinnen, kann ich mit der Jokerrolle leben“, sagte Allagui. Ben-Hatira (74.) machte vor 40 969 Zuschauern am siebten Liga-Spieltag den dritten Berliner Heimsieg perfekt (74.).

Ob es für ihn nach dem verzockten Pokalspiel in Lautern (1:3) nun auch eine Genugtuung sei, gegen Mainz die richtige Lösung gefunden zu haben, wollte ein Journalist von Luhukay noch wissen. Das wiederum steigerte beim Berliner Trainer noch den Trapattoni-Effekt. Die gewagten und gescheiterte Personalrochade im Pokal - gegen Mainz rotierten wieder acht Spieler zurück in die Startelf - war vor allem bei den Fans schlecht angekommen.

„Ich muss mich nicht rechtfertigen. Es war alles sehr gut überlegt“, wetterte Luhukay, der die Leistung seines Teams nicht genug gewürdigt sieht: „Ich bin kein Trainer, der ohne Strategie entscheidet, das war total gut überlegt.“ Trapattoni hatte es als Bayern-Coach so ausgedrückt: „Ein Trainer ist nicht ein Idiot.“

Letztlich habe sein Team nun gegen Mainz von der Personalrotation profitiert, machte Luhukay deutlich. Wenn alle seine Stammkräfte ohne Pausen in die englische Woche gegangen wären, „hätten wir heute vielleicht nicht die letzte Dynamik gehabt, um einen Rückstand aufholen zu können - mental und körperlich“. Schon bei der Kabinenansprache zur Pause hatte sich Luhukay in Rage geredet. „Der Trainer ist lauter geworden als sonst und hat uns wach gemacht“, verriet Kapitän Fabian Lustenberger.

Nicolai Müller hatte mit seinem sechsten Saisontreffer die später stark abbauenden Mainzer in Führung gebracht (7.). „Der Sieg für Hertha lag nicht zwingend in der Luft“, meinte FSV-Trainer Tuchel: „Aber wir konnten die Energie aus der ersten Halbzeit nicht komplett in die zweite rüberretten.“ Zumal er seine komplette Innenverteidigung umbesetzen musste. Mainz bleibt bei neun Punkten - es war schon die fünfte Pflichtspiel-Niederlage nacheinander.