Meiers später Doppelpack im „Tempel des Spektakels“
Frankfurt (dpa) - Der flauschige Knäuel der schwarz-weißen Eintracht-Weihnachtsmütze auf dem Kopf von Alexander Meier wippte hin und her. Immer wieder schüttelte der Frankfurter Top-Torjäger seinen Kopf, als er den nächsten Wahnsinns-Kick erklären sollte, in dem er die Hauptrolle gespielt hatte.
„Ich war heute eigentlich richtig schlecht. Ich war nicht im Spiel und mir ist nichts gelungen“, sagte Meier. Wohl dem, der einen Knipser in seinen Reihen hat, der sich selbst geißelt, obwohl er gerade mit einem Doppelpack in den Schlussminuten ein verloren geglaubtes Spiel zumindest noch ausgeglichen hat.
Mit seinen Saisontreffern elf und zwölf in der turbulenten Endphase eines begeisternden Spiels sicherte Meier den Frankfurtern ein 4:4 (1:3) gegen Hertha BSC Berlin, womit die Commerzbank-Arena ihrem Ruf als DIE große Show-Bühne der Fußball-Bundesliga wieder einmal gerecht wurde. „Willkommen im Tempel des Spektakels“, sagte Frankfurts Finanzvorstand Axel Hellmann nach der aufregenden Partie eine Woche vor Weihnachten.
„Ich denke, es lohnt sich hier in die Arena zu kommen“, sagte Thomas Schaaf, der schon zu Bremer Zeiten mit seinen Mannschaften für beste Unterhaltung stand. Es scheint, als habe der 53-Jährige den bedingungslosen Offensivfußball problemlos von der Weser an den Main transplantiert.
Uneingeschränkt glücklich ist Schaaf darüber anders als der neutrale Beobachter aber nicht. „Es macht verdammt viel Spaß, aber es kostet auch jede Menge Nerven“, sagte der Frankfurter Trainer nach dem packenden Duell. An den Hinrunden-Abschluss bei Bayer Leverkusen am Samstag mochte Schaaf daher auch noch keinen Gedanken verschwenden. „Da erleben sie so ein Spiel und fragen mich dann nach der nächsten Partie? Wo waren Sie denn heute Abend?“, antwortete er fassungslos auf die Frage, was er sich vom letzten Spiel des Jahres erwarte.
Zu sehr war Schaaf mit seinen Gedanken noch bei der Begegnung, die in keinem Saison-Rückblick fehlen wird. Trotz starken Beginns lagen die Gastgeber vor 40 200 Zuschauern nach 37 Minuten plötzlich mit 0:3 zurück. John Brooks (21. Minute), Änis Ben-Hatira (33.) und Julian Schieber (37.) hatten für die eigentlich extrem defensiv agierenden Gäste getroffen. „Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die so wenig wollte und vier Tore macht“, klagte Frankfurts Keeper Timo Hildebrand nach seinem 300. Bundesliga-Spiel.
Mit großer Moral kam die Eintracht durch Stefan Aigner (43.) und Haris Seferovic (58.) wieder heran, ehe Peter Niemeyer für die Berliner scheinbar doch alles klar machte (80.). Doch da hatte die Hertha ihre Rechnung ohne Meier gemacht, der nach 90-minütiger Wirkungslosigkeit zweimal eiskalt zuschlug. „Nach dem 4:2 haben wir uns vielleicht zu sicher gefühlt“, sagte Berlins Trainer Jos Luhukay, der wie jeder der Beteiligten nach Schlusspfiff hin- und hergerissen war. „Eigentlich ist das eine gefühlte Niederlage“, sagte der Niederländer, „aber wir haben den Fans ein richtig geiles Fußball-Spiel gezeigt.“