Perfekte Pointe: Kießling Siegtreffer ohne Loch im Netz
Sinsheim (dpa) - Stefan Kießling lag mit dem Ball im Tor und zerrte kurz mit unverhohlenem Grinsen am Netz. Das hatte diesmal, für alle erkennbar, kein Loch.
425 Tage nach seinem Phantomtor in der Fußball-Bundesliga erzielte ausgerechnet der 30-jährige Stürmer das Siegtor zum 1:0 (0:0) von Bayer Leverkusen bei 1899 Hoffenheim - die perfekte Pointe. Und es fiel wie damals im Gehäuse vor der Gäste-Fankurve. „Das wird jetzt umbenannt“, scherzte Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade.
Kießling selbst stahl sich nach dem Abpfiff davon, ohne ein Interview zu geben. „Der war nirgendwo“, kommentierte ein Bayer-Sprecher die Medienaktivitäten des Matchwinners. Stille Genugtuung also für den Profi, der nach dem bundesweit diskutierten Skandaltor beim 2:1-Sieg seines Teams am 18. Oktober 2013 einiges hatte einstecken müssen.
Schiedsrichter Felix Brych gab damals den irregulären Kopfballtreffer in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena, der Einspruch der Hoffenheimer vor dem DFB-Sportgericht scheiterte. Kießling war nach seinem Jubel in der Fußballszene teilweise der Buhmann und schloss seine Facebook-Seite. „Stefan Kießling war an dieser Entwicklung ja völlig unschuldig“, erklärte Schade. „Die Vorfälle danach sind absolut unentschuldbar.“
Schon vor dem Anpfiff am Mittwochabend vor 24 731 Zuschauern wurde der Bayer-Torjäger ausgepfiffen. Am Ende herzte ihn Trainer Roger Schmidt. „Ich freue mich für Stefan, besonders weil er damals einen monatelangen Spießrutenlauf durchgemacht hat“, sagte er. „Das ist so eine Geschichte, die schreibt halt der Fußball.“
Für den Champions-League-Teilnehmer war Kießlings Treffer der Lohn für die spielerische Überlegenheit. Der 30-Jährige hatte zuvor drei Chancen liegen gelassen. „Wenn man hart arbeitet, dann wird man irgendwann belohnt. Das hat sich heute auch wieder gezeigt“, kommentierte Schmidt Kießlings Erfolgserlebnis. „Es war ein schweres Spiel für ihn, er wurde bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen“, meinte Abwehrspieler Ömer Toprak. „Deswegen haben wir uns alle für ihn gefreut.“
Hoffenheims Trainer Markus Gisdol fand die Unmutsbekundungen gegen den Leverkusener Angreifer „nicht so extrem, dass man da ein Fass aufmachen müsste“. Es sei ihm auch egal, dass gerade Kießling das Tor des Tages erzielt hatte: „So ist es halt. Wir müssen damit leben.“ 1899-Abwehrspieler Ermin Bicakcic, der im Sommer aus Braunschweig gekommen war, erkannte unmittelbar nach Spielende die Pointe der Partie erst gar nicht und schaute die Journalisten bei der Frage nach dem Matchwinner groß an. „Der Kießling schiebt den Ball rein, schwer war das nicht“, meinte er trocken.