Millionen, die sich lohnen

Beim 1:1 gegen Wolfsburg kann Köln besser mithalten als in der Vorsaison. Im Mittelpunkt stehen Simon Zoller und Kevin de Bruyne.

Foto: Federico Gambarini

Köln. Matthias Lehmann rennt wie von Sinnen. Vielleicht hat er gerade alles zunichte gemacht, als er - schon in der Nachspielzeit - über den Ball geschlagen hat. Kevin De Bruyne zieht auf und davon, Lehmann hetzt, De Bruyne gegen Timo Horn, der hält den Belgier auf, aber der Ball prallt zurück zu De Bruyne - und Horn ist jetzt geschlagen. Noch einmal versucht es der Wolfsburger mit Urgewalt. Aber eben jener Lehmann wirft sich am Ende seiner schlimmen Sekunden in den Ball - und verhindert das 1:2. Eine Aktion, die im Kölner Stadion wie der Siegtreffer gefeiert wird. "Mit der Arschbacke", sagte Lehmann später, habe er geklärt. "Ich bin echt froh darüber." Es bleibt beim 1:1.

So war das erste Heimspiel des FC gegen den Vizemeister Wolfsburg anders als so oft zuvor in der Vorsaison echte Werbung. Für den Fußball. Und für die Gastgeber, die sich mit fünf Zugängen in der ersten Elf offensichtlich verbessert haben und gegen Wolfsburg auch strukturierter verteidigten als zuletzt beim 3:1-Sieg beim VfB Stuttgart. Dass die Gäste kaum Mittel fanden, war der Kölner Ordnung mit einem Starken Kevin Vogt im defensiven Mittelfeld und Wolfsburgs etwas elitär wirkenden Langsamkeit zu verdanken. "Das hatte wenig mit Tempofußball zu tun und viel mit Ballgeschiebe. Köln hat uns das mit hoher Intensität in den Läufen vorgemacht", moserte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking, der im Fernduell mit dem FC Bayern die ersten beiden Punkte nun schon mal hat liegen lassen.

Der eine, der es geworden ist, stand des öfteren auf der Kippe, am Ende hätten es aber auch drei sein können, was viel über die Attraktivität dieses Spiels aussagt. Ein Spiel, das viele Geschichten hatte. Im Zentrum aber standen zwei, die eine Vorgeschichte von Bedeutung mit sich tragen. Da ist auf Kölner Seite Simon Zoller, der beim 1:0 auf Kopfball-Verlängerung von Anthony Modeste zuerst Naldo davon lief, dann Torwart Koen Casteels überlupfte und am Ende locker einschob. Zoller hatte schon als Einwechselspieler beim Auftakterfolg in Stuttgart getroffen, gegen Wolfsburg war er jederzeit ein Aktivposten, der nun mit einem Jahr Verspätung doch noch in der ersten Liga ankommen könnte. "Ich freue mich sehr. Es ist eine Bestätigung für mich, dass ich an den richtigen Stellschrauben gedreht habe", sagte Zoller, der im Vorjahr frustriert und des öfteren von Sportdirektor Jörg Schmadtke kritisiert aus Köln zu seinem Ex-Verein Kaiserslautern geflüchtet war, um dort Leihspieler für einige Monate zu sein.

Verstehen wollte das niemand in Köln. "Mir war immer klar, dass ich zurückkomme, ich hatte ja auch meine Wohnung in Köln behalten", sagte der junge Mann, dessen Freundin die TV-Moderatorin Laura Wontorra ist. Im Sommer dann absolvierte er auf Anraten seines Ex-Trainers Claus-Dieter Wollitz (seinerzeit VfL Osnabrück) Zusatzschichten, Zoller wirkt nun extrem durchtrainiert und laufstark. Und: "Die Fans haben mich hier toll empfangen, das war nicht selbstverständlich", sagte der 24 Jahre alte Friedrichshafener, der seinerzeit für 3,5 Millionen Euro aus Lautern gekommen war.

Geld, über das die Wolfsburger nur milde lächeln, wenn es um Kevin De Bruyne geht. Der hochveranlagte Belgier könnte in den kommenden Tagen für rund 70 Millionen Euro in die Premier League zu Manchester City wechseln. In Köln schlich er bedröppelt vom Platz, schließlich nach dem Spiel wortlos davon, weil er nicht sonderlich effektiv gespielt und noch dazu den möglichen Sieg vergeben hatte. Statt seiner redete Wolfsburgs Sportdirektor Klaus Allofs über den womöglich bald opulentesten Transfer der Bundesliga-Historie. "Fragen Sie mich spätestens am 31. August", sagte Allofs zu allen Spekulationen. "Er ist Bestandteil der Mannschaft, Stand jetzt wird er auch im nächsten Spiel dabei sein."

Dass Allofs genau an jenem Ort vor rund 30 Jahren als Spieler des 1.FC Köln ein ähnlicher Poker durch den Kopf gegangen ist, als es um seinen Fortgang ging, lächelte Allofs gestern weg. "Das ist mir entfallen. ich weiß nur noch, dass es damals um ganz andere Summen als heute ging", sagte Allofs. Die gehandelten Summen von heute hält er aber für normal. "Seit damals ist viel Zeit vergangen, das Geschäft hat sich halt so entwickelt", sagte Allofs und zog davon. In dem Wissen, wahrscheinlich bald im großen Stil einzunehmen. Aber auch in dem Wissen, den vielleicht besten Fußballer der Liga, für den Wolfsburg rund 35 Millionen Euro an den FC Chelsea gezahlt hatte, in Köln das letzte Mal Spiel gesehen zu haben. Zumindest im Trikot des VfL Wolfsburg. Angeblich soll Wolfsburg versuchen, De Bruyne mit einer Gehaltsverdoppelung auf einen zweistelligen Millionenbetrag das Bleiben zu erleichtern.