Nach Fehlentscheidungen: Neue Debatte um Videobeweis
Köln (dpa) - Die beiden irregulären Tore in den Sonntagsspielen der Fußball-Bundesliga haben die Diskussion um einen Videobeweis wieder neu entfacht.
„Ich war im Spiel überzeugt davon, dass der Spieler den Ball mit dem Bauch ins Tor bugsiert hat“ sagte Schiedsrichter Bastian Dankert nach der Partie. „Leider haben weder ich noch meine Assistenten dieses Handspiel gesehen.“ Die Möglichkeit, sich Fernsehbilder von der entscheidenden Szene anzuschauen, hätte den Unparteiischen möglicherweise geholfen.
Hannovers Leon Andreasen hatte den Ball mit dem Oberarm ins Tor befördert und seiner Mannschaft dadurch einen 1:0-Auswärtssieg in Köln beschert. In Stuttgart übersah Schiedsrichter Guido Winkmann beim entscheidenden Treffer von Daniel Didavi zum 1:0 für den VfB gegen Ingolstadt eine Abseitsstellung des Torschützen.
Die Unparteiischen technisch zu unterstützen ist grundsätzlich möglich. Das hat die niederländische Ehrendivision gezeigt. In einem erfolgreichen Pilotprojekt testete der Verband in den Niederlanden einen fünften Offiziellen, der in einem Übertragungswagen alle Kamerabilder betrachtete. Bei strittigen Entscheidungen wie Abseits, Handspiel oder versteckten Fouls sollte er den Schiedsrichter auf dem Platz anfunken und ihn so unterstützen.
In Deutschland ist die Diskussion um einen Videobeweis ebenfalls nicht neu. Am 4. Spieltag hatte ein höchst umstrittener Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Knut Kircher die Gemüter erhitzt. Im Heimspiel des FC Bayern gegen den FC Augsburg entschied der Unparteiische nach einem vermeintlichen Foulspiel von Markus Feulner an Douglas Costa kurz vor Schluss auf Strafstoß für die Gastgeber und ermöglichte dadurch den 2:1-Siegtreffer des deutschen Rekordmeisters.
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach lehnte seinerzeit die Einführung des Videobeweises im Fußball ab. „Der Videobeweis führt doch nicht zum Erfolg. Es gibt jedes Wochenende fünf andere Szenen. Der Videobeweis wird nie kommen, weil es so viele strittige Szenen gibt“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes.
In Köln hielten sich am Sonntag die Verantwortlichen des FC mit Forderungen nach technischer Unterstützung ebenfalls zurück. Lediglich Kölns Trainer Peter Stöger hielt den Unparteiischen symbolisch seine Brille hin. FC-Manager Jörg Schmadtke meinte mit Bezug auf das Arm-Tor von Andreasen: „Ich fange jetzt nicht an, nach einem Oberschiedsrichter oder einem Videobeweis zu schreien.“ Stattdessen kritisierte er Dankert und dessen Assistenten: „Es ist ärgerlich, dass wir heute einen Handball-Schiedsrichter hatten. Wenn 48 700 Leute das sehen, müssen das auch die vier Schiedsrichter sehen.“
Kritik gab es für Dankert und dessen Assistenten auch vom DFL-Schiedsrichtermanager Hellmut Krug. Dem Schiedsrichter-Team sei beim Spiel in Köln ein „ärgerlicher Fehler“ unterlaufen, sagte der langjährige Referee im Videoblog auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes und ergänzte: „Der Assistent hätte das sehen und dem Schiedsrichter melden müssen.“
Auch wenn Dankert in der spielentscheidenden Szene die Sicht versperrt gewesen sei, hätte dieser laut Krug anders handeln müssen. „Was sich der Schiedsrichter fragen und vorwerfen lassen muss, ist die Tatsache, dass er angesichts dieser zahlreichen heftigen Proteste nicht die Option ergriffen hat, den Spieler Andreasen zu fragen, ob er den Ball mit der Hand gespielt hat“, monierte Krug.
Begünstigt durch die Fehlentscheidungen der Unparteiischen machten Hannover 96 und der VfB Stuttgart einen Sprung in der Tabelle und verließen die Abstiegszone. VfB-Sportvorstand Robin Dutt räumte nach dem Spiel ein: „Wenn der Schiedsrichter bei unserem Tor Abseits pfeift, dann dürfen wir uns nicht beschweren.“ Die irregulären Treffer könnten am Ende der Saison noch besondere Bedeutung im Kampf um den Klassenerhalt bekommen. So rutschte der FC Augsburg auf den letzten Platz. Der Europa-League-Teilnehmer hatte in München bei einer wichtigen Schiedsrichter-Entscheidung nicht so viel Glück.