Nach neun Stunden: Mäuser zum VfB-Chef gewählt
Stuttgart (dpa) - Lange Zeit drohte die Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart im Chaos zu enden. Doch nach fast neun Stunden voller hitziger Auseinandersetzungen wurde der einzige Kandidat Gerd Mäuser doch noch zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Erwin Staudt gewählt.
Der frühere Porsche-Manager erhielt die nötige einfache Mehrheit von 58,7 Prozent der Mitgliederstimmen - und das obwohl der hinter ihm stehende und umstrittene Aufsichtsrats-Chef Dieter Hundt zuvor nur knapp einer Abwahl entgangen war.
Oppositions-Kandidaten wie der ehemalige VfB-Torwart Helmut Roleder oder Bankmanager Björn Seemann bekamen gar nicht erst die Chance, gegen den 53-Jährigen anzutreten. Ein Antrag, mehr als nur den einen vom Aufsichtsrat bestimmten Kandidaten zur Wahl zuzulassen, wurde abgelehnt. „Ich gebe zu, dass ich ganz schön nervös bin bei alldem, was heute passiert ist. Aber das Amt des VfB-Präsidenten ist nicht irgendein Job, sondern es ist Verpflichtung, Herausforderung und Ehre zugleich“, sagte Mäuser. Zu seinem Nachfolger im Aufsichtsrat wurde Ex-Nationalspieler Hansi Müller gewählt.
Bei der hitzigen Versammlung in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle wurde schnell deutlich, dass es im Kern nicht um Mäuser, sondern um den mächtigen, aber bei vielen Fans unbeliebten Hundt ging. Ihm wird vorgeworfen, sich zu sehr ins Tagesgeschäft einzumischen und den neuen Präsidenten nur als eine Art Marionette zu sehen. „Sie regieren den Verein wie ein Diktator in China“, warf ihm ein Redner vor.
65,3 Prozent der Mitglieder votierten für einen Antrag, die mögliche Abwahl des 72 Jahre alten Arbeitgeber-Präsidenten auf die Tagesordnung zu setzen. 50,7 Prozent waren für seinen Sturz. Für eine Abwahl wäre allerdings eine Drei-Viertel-Mehrheit nötig gewesen.
Hundt selbst sprach von „polemischen und falschen Vorwürfen“ gegen ihn. Auch Mäuser betonte: „Ich war nie eine Marionette und werde nie eine Marionette ein.“ Mit einer souveränen und sachlichen Rede drehte er die Stimmung im Saal zu seinen Gunsten. So sprach Mäuser davon, dass der VfB „langfristig wieder auf internationaler Ebene vertreten sein muss“ und er dafür das Konzept der „Jungen Wilden“ wieder aufleben lassen möchte. „Wir müssen wieder verstärkt auf die eigene Jugend setzen“, meinte der neue Präsident.
Bei allen Debatten um Hundt geriet eines in den Hintergrund: Zum ersten Mal seit 2002 hat der VfB wieder einen Verlust gemacht und im Geschäftsjahr 2010 deutlich den Rekordumsatz des Vorjahres verpasst. Der nach acht Jahren aus dem Amt scheidende Staudt und Finanzvorstand Ulrich Ruf verkündeten am Sonntag einen Umsatz von 117,702 Millionen Euro. Das ist das drittbeste Ergebnis der Vereinsgeschichte, liegt aber rund 28 Millionen Euro unter den 145,838 Millionen von 2009.
„Der Verein steht erstklassig da“, erklärte Staudt. Bei dem Jahresminus von 2,242 Millionen Euro handele es sich um einen reinen Abschreibungsverlust, der sich vor allem durch den Umbau der Mercedes Benz Arena ergeben habe. Den Umsatzrückgang hatte der VfB schon vor einem Jahr angekündigt. So schlugen 2010 unter anderem die finanziellen Belastungen durch den Stadionumbau, fehlende Einnahmen aus der Champions League und geringere Transfererlöse zu Buche.
Die stabile Situation des VfB war auch ein Grund für viele Redner, sich auf die Seite der Vereinsführung zu stellen. Sie warnten davor, den Verein durch eine Abwahl von Hundt oder eine Ablehnung von Mäuser „in ein Führungschaos zu stürzen“. Sportdirektor Fredi Bobic sprach gar von einer geplanten „feindlichen Übernahme irgendwelcher Traumtänzer, die den Laden an die Wand fahren“.
Auch Staudts Abschiedsrede geriet in großen Teilen zu einem Plädoyer für die bestehenden Führungsstrukturen. „Die vergangenen acht Jahre haben die Marke VfB geprägt. Wir sind nicht mehr der finanzschwache oder insolvenzbedrohte Verein, sondern gehören zu den erfolgreichsten Profi-Vereinen in Deutschland“, sagte er. „Erfolgreicher waren in dieser Zeit nur Bayern München und Werder Bremen. Und darauf können wir stolz sein.“