Netzer-Kritik an HSV - Cardoso hat Lust auf mehr

Hamburg (dpa) - Rodolfo Cardoso hat Lust auf mehr als HSV-Coach, doch Günter Netzer tritt für eine „große Lösung“ bei seinem Ex-Club ein, dessen Krisenmanagement er heftig unter Beschuss nahm.

„Der Louis van Gaal sollte zum HSV gehen! Die Voraussetzungen sind dort einzigartig, denn es versteht dort keiner etwas vom Fußball“, zitierte die „Bild“ den früheren Manager des norddeutschen Fußball-Bundesligisten mit Aussagen aus einer Talkshow in Nürnberg. Netzer relativierte jedoch sein Urteil und bescheinigte immerhin HSV-Sportdirektor Frank Arnesen Fußball-Sachverstand.

„Mit Arnesen könnte er (van Gaal) dann ganz alleine fachsimpeln. Wenn man ihn lassen würde, würde er den HSV in den nächsten Jahren in die europäische Spitze führen“, glaubt Netzer, der den Ex-Coach des FC Bayern München aus den Niederlanden „einen der besten fünf Trainer auf unserem Erdball“ nannte. Netzer selbst hatte in seiner HSV-Zeit (1978-1986) starke Trainer wie Branko Zebec und Ernst Happel geholt und damit die erfolgreichste Ära bei den Hanseaten eingeläutet.

Aktuell liegt der letzte Liga-Dino trotz des ersten Saisonsieges unter Interimscoach Cardoso am Tabellenende. „Die Geschehnisse rund um den Volkspark sind ein noch größeres Trauerspiel als bei meinem anderen Ex-Club Gladbach“, befand der 67-Jährige. „Es ist eine ganz, ganz schlechte Arbeit, dass man dort nichts auf die Beine bringt. Der Verein gibt ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit ab.“

Um aus der sportlichen Bredouille herauszukommen, votiert er für einen Mann wie van Gaal, der schon viele Erfolge vorweisen kann. „Es wäre dort ein starker Mann vonnöten, der alle Zügel in der Hand hält und die anderen arbeiten im Hintergrund“, so der Ex-Nationalspieler, „aber für diese Idee besitzen sie beim HSV sicher keinen Mut.“

Dort bleibt die Trainerfrage offen. Während Dieter Hecking („Ich habe kein Angebot und keinen Kontakt zum HSV“) vom 1. FC Nürnberg per Dementi auf neueste Spekulationen reagierte, setzt der HSV vorerst auf Cardoso. Man wolle das Schalke-Spiel am Sonntag abwarten und dann entscheiden, ob man die Bemühungen um eine Ausnahmeregelung für den Argentinier bei DFB und DFL intensiviere, hieß es am Donnerstag.

Denn Cardoso besitzt die A-Lizenz, nicht aber den für die 1. Liga nötigen Fußballlehrer-Schein. Geht es nach den Statuten, müsste er seine Interimstätigkeit nach 15 Werktagen beenden und könnte wieder seinen bisherigen Chefcoachjob beim HSV-Nachwuchs in der Regionalliga Nord ausüben. Cardoso, der am Abend den nächsten Gegner Schalke 04 vor Ort im Europa-League-Heimspiel gegen Maccabi Haifa beobachtete, merkte dazu grinsend an: „Ich weiß, dass ich hier in den nächsten Wochen Trainer bin. Egal, ob von der 1. oder der 2. HSV-Mannschaft.“