R-Frage in der Liga - „Heavy Rotation“ von Heynckes
Stuttgart (dpa) - Unter Jupp Heynckes erlebt der FC Bayern München die Renaissance der Rotation. Der 67-Jährige setzt angesichts der Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Champions League aus Prinzip auf Personalrochaden.
Sein Luxuskader um Franck Ribéry & Co. will schließlich bei Laune gehalten werden. Auch Mönchengladbachs Lucien Favre oder Wolfsburgs Felix Magath wechseln ihre Startformationen kräftig durch. Das R(otations)-Prinzip ist in - aber nicht neu! Die Gründe für das stete Rein-raus sind ganz unterschiedlich.
Heynckes erhält für seine „Heavy Rotation“ sogar Lob vom früheren Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld. Der Schweizer Fußball-Nationaltrainer wurde während seiner ersten Ära in München (1998-2004) sogar als Meister der Rochaden gelobt, obwohl er im Grunde nur das Prinzip von internationalen Spitzenclubs wie dem FC Barcelona übernahm.
„Das sind die fünf bis zehn Prozent, die der Trainer da aus den Spielern herauskitzeln kann, weil sie wissen: Es geht auch ohne mich. Mittlerweile geht es bei Bayern sogar ohne Ribéry und Robben. Das ist auch neu“, sagte Hitzfeld jüngst.
Der exquisite und stark beanspruchte Bayern-Kader erlaubt Heynckes riesige Variationsmöglichkeiten. Mal erhält Bastian Schweinsteiger eine Pause, mal wird Claudio Pizarro für seine Trainingsleistungen mit einem Einsatz belohnt. „Ich bin nicht mehr bereit, immer zu erklären, warum ich die Spieler wechsele“, hatte Heynckes sein Rein-raus-Prinzip im Sommer angekündigt. „Jeder muss sein Ego zurück stellen, jeder muss auch mal auf die Bank.“
Thomas Müller begrüßt die Direktive seines Chefs. „Für uns Spieler ist das eine Situation, an die man sich gewöhnen muss. Aber grundsätzlich ist es eine Situation, die leistungsfördernd ist“, meinte Müller. Er hat allerdings gut reden. Zumindest in der Liga war er etwa neben Keeper Manuel Neuer eine Korsettstange des deutschen Rekordmeisters - sechs Spiele von der ersten bis zur letzten Minute, vier Tore und sechs Vorlagen. Vertrauen kann sich auch auszahlen.
Diego Benaglio ist beim VfL Wolfsburg die Konstante. Dass sein Chef Magath beim VfL Wolfsburg in dieser Saison nie dieselbe Startelf aufgeboten hat, hält der Keeper und Kapitän des Liga-17. für kein Problem. „Für mich sind das Ausreden. Wir sind mit dem Kader seit Beginn der Vorbereitung zusammen und wir haben genügend Zeit gehabt, um uns zu finden“, sagte Benaglio dem TV-Sender Sport1.
Diese Aussage wird Magath sicher gerne hören. Seine Spieler unter Spannung halten zu wollen, gehört zu seinem Repertoire als Trainer. Seine permanenten Wechsel erscheinen aber bisweilen willkürlich.
Als Verfechter der Rotation zeigt sich auch Mönchengladbachs Favre. Der Schweizer probierte in zwölf Pflichtspielen schon elf verschiedene Startformationen aus. „Wir können nicht immer mit derselben Elf spielen“, meinte der Borussen-Coach angesichts der enormen Belastung durch den Europapokal.
Keine Fans vom wilden Rein-raus sind Frankfurts Armin Veh und Markus Babbel aus Hoffenheim. Der Coach aus dem Kraichgau hält sogar ziemlich stur an seiner Stammmannschaft fest. Auf der Position des rechten Außenverteidigers rotierte Babbel aber ordentlich. Der 40-Jährige wollte Stammkraft Andreas Beck Druck machen - dazu holte er Stephan Schröck aus Fürth und Patrick Ochs aus Wolfsburg. Das Ergebnis: Beide konnten kaum überzeugen, jetzt spielt wieder Beck.