Rasierter Verbeek erkennt Gruß vom Fußballgott
Nürnberg (dpa) - Gertjan Verbeeks Rasierer kam noch in der Kabine zum Einsatz. Rund fünf Wochen lang durfte der Stoppelbart beim Trainer des 1. FC Nürnberg munter sprießen, nur Minuten nach dem 4:0 gegen 1899 Hoffenheim war er schon wieder ab.
Die Profis selbst nahmen sich ihren Coach in der Umkleide vor und befreiten ihn von der ungeliebten Haarpracht am Kinn. Verbeek hatte kurz vor Weihnachten geschworen, erst nach dem ersehnten ersten Saisonsieg zum Rasierer zu greifen. Und sein Team erlöste ihn schon zum Rückrundenauftakt.
Ohne Bart, aber mit einem Glas Chardonnay-Weißwein in der Hand durfte der Niederländer abends das Drei-Punkte-Premierenerlebnis in der Fußball-Bundesliga begießen. „Ich bin froh über das Ergebnis und darüber, dass mein Bart endlich ab ist. Meine Haare auf dem Kopf bleiben aber lang, das ist keine Frage“, stellte der 51-Jährige schnell klar. Seine graue Rockerfrisur will der Trainer nicht auch noch opfern für die Hoffnung auf den sportlichen Aufschwung.
Bartschwur hin oder her - beim FCN 2014 scheint es jedenfalls besser zu laufen im Vergleich zum Vorjahr, als der Club für einen historischen Negativrekord sorgte. Mit einem Mal ist sogar das Glück zurück, das in der Hinrunde so schmerzlich vermisst worden war. „Wir haben nicht unser bestes Spiel gemacht und trotzdem 4:0 gewonnen. Wir haben schon viel besser gespielt, diese Spiele aber nicht gewonnen“, urteilte Verbeek mit Blick auf all das „Unglück in der ersten Saisonhälfte“, wie der Niederländer zusammenfasste. Strittige Schiedsrichter-Entscheidungen und ein Aluminium-Rekord hatten da den sportlichen Nürnberger Niedergang unbarmherzig forciert.
Doch schon im Trainingslager im spanischen Mijas durfte Verbeek guten Mutes sein, dass sich das ändern werde. „Einmal sprang ein Ball von Robin Mak von der Querlatte ins Tor. Da habe ich noch gesagt: Vielleicht ist 2014 unser Jahr.“ Ein netter Gruß vom Fußballgott oder bloßer Zufall? In jedem Fall konnte der FCN gegen Hoffenheim auch zwei glücklich-kuriose Tore bejubeln, die in der Hinrunde einen absoluten Seltenheitswert dargestellt hätten.
Beim Führungstreffer durch Timothy Chandler (24. Minute) wurde der Ball entscheidend abgefälscht, beim zweiten Tor von Josip Drmic (41./70.) war der Innenpfosten mit im Spiel. „Dieses Quäntchen Glück hat uns in der Hinrunde gefehlt. Wir hätten sogar noch ein, zwei Tore mehr schießen können, aber ich möchte nicht zu viel meckern“, flachste Daniel Ginczek, ebenfalls einer der Torschützen (48.).
Es war natürlich noch lange nicht alles prima beim FCN. Aus der Mittelfeldzentrale kam am Anfang deutlich mehr Stückwerk statt Kreativität. Und die Abwehr offenbart weiterhin die aus der ersten Saisonhälfte bekannten Lücken, zumal Stammkräfte wie Makoto Hasebe (Außenmeniskusriss) und Emanuel Pogatetz (Außenbandanriss) lange fehlen. Bitter obendrein: Innenverteidiger Per Nilsson verletzte sich gegen Hoffenheim und zerrte sich das Kreuzband. Auch der Schwede muss jetzt aussetzen - rund drei bis vier Wochen.
Immerhin sahen die 36 079 Zuschauer eine Mannschaft, die nicht nur rackerte und sich in den Zweikämpfen aufrieb, sondern auch durch eine neugewonnene Abschlussstärke überzeugte. „Wir sind immer positiv geblieben und haben weitergemacht. Wir haben unsere Fehler korrigiert und vieles besser gemacht als in der Hinrunde“, lobte Drmic. Auch Verbeek zeigte sich „zufrieden mit der Art und Weise, wie wir gekämpft und wie nach vorne gespielt haben - auch wenn wir nicht immer gut Fußball gespielt haben“. Etwas Arbeit wartet also noch - auch deshalb, weil der FCN trotz des Sieges Tabellen-17. bleibt.