Schalke: Heidels Ansagen für Trainer Weinzierl
Nach dem Saisonende arbeitet der Sportvorstand die Saison auf und verspricht Schalkes schnelle Rückkehr nach oben. Vier Zugänge sollen kommen.
Gelsenkirchen. Die Abbauarbeiten waren noch in vollem Gange, als Christian Heidel am Montagmittag zu einer Saisonbilanz ansetzte. Am Abend zuvor hatten die Schalker in der Gelsenkirchener Arena noch den Europapokalgewinn vor 20 Jahren mit über 30 000 Zuschauern gefeiert und den Jahrhunderttrainer Huub Stevens stimmungsvoll und emotional in den Trainer-Ruhestand verabschiedet.
Doch von Rührseligkeiten war der Schalker Manager keine 24 Stunden später in einer Loge des Stadions weit entfernt. Denn Heidels erstes Jahr in Gelsenkirchen dürfte in sportlicher Hinsicht als misslungen gewertet werden. Tabellenplatz zehn mit deutlichem Abstand zu den internationalen Plätzen (sechs Punkte) ist ein Resultat, das deutlich hinter den Erwartungen zurücksteht. Angetreten war der 53-Jährige in der vergangenen Sommerpause, um der Profi-Mannschaft ein neues Gesicht, eine neue Struktur und dem ganzen Verein eine unverwechselbare Spielidee zu geben, die sich beginnend von den Jugendteams durch den gesamten Verein zieht.
Mit dem Trainer seiner Wahl, Markus Weinzierl, wollte Heidel den Wandel bewerkstelligen. Heidels Resümee dürfte Weinzierl deshalb selbst irritiert haben. „Ich möchte, dass die Mannschaft ein klares Konzept auf dem Platz zeigt. Ich habe es nicht erkannt“, sagte der Schalke-Manager. „Wir müssen uns in vielen Bereichen verbessern.“
Heidel ist ein ausgewiesener Freund statistischer Werte. Aufgrund der von ihm ausgewerteten Zahlenkolonnen kommt der Sportvorstand nicht zu dem Ergebnis, dass den Spielern Wille oder Siegermentalität fehle. Gerade bei den Laufdistanzen gehörten seine Spieler zu den besseren Teams der Liga, merkte Heidel an - auch wenn die Werte in der zweiten Saisonhälfte sukzessive nachließen. Vielmehr erhöht der Manager den Druck auf Trainer Weinzierl, mit dem er in den nächsten Tagen eine detaillierte Saison-Analyse vornehmen will.
Eine Beurlaubung Weinzierls ist nicht vorgesehen, Heidels Botschaft an den Fußballlehrer ist aber eindeutig. Die Mannschaft ist seiner Meinung nach gut genug, um die Ansprüche erfüllen zu können. „Alle haben Qualität. Das ist ein Kader, der oben mitspielen kann. Die Mannschaft muss viel mehr begreifen, was wir spielen wollen“, sagt Heidel und übte damit unverhohlen Kritik an Weinzierl aus, der es nicht geschafft hat, seinem Team eine eindeutige Ausrichtung zu geben. „Wir werden einen Weg finden, dass die nächste Saison besser läuft und Schalke besser Fußball spielt. Dabei werden wir sehr, sehr viel Wert auf ein Spielkonzept legen", sagt Heidel.
Allerdings dürfte des Managers Qualitäts-Bewertung nicht überall auf Zustimmung stoßen. Gerade einige von Heidel unter Vertrag genommene Profis wie Benjamin Stambouli (8,5 Mio. Euro) oder Yevhen Konoplyanka (12 Mio.) blieben ihren Nutzen für das Team schuldig. Auch Nabil Bentaleb (19 Mio.) konnte erst hin und wieder andeuten, dass er über überdurchschnittliche Fähigkeiten verfügt.
Rund 70 Millionen Euro hatte Heidel vor Saisonbeginn zur Verfügung. Der sportliche Ertrag war überaus gering. „Es kommt kein neues Umbruch-Jahr“, versichert Heidel, der den Kader von derzeit 31 Spielern noch deutlich verkleinern will. Drei bis vier Profis sollen noch kommen. Sieben Spieler haben den Klub bereits verlassen. Hinzu kommt Verteidiger Sead Kolasinac, dessen ablösefreier Wechsel zum FC Arsenal feststeht. Weitere Spieler sind informiert, dass mit ihnen nicht mehr geplant wird. „Wir haben die wirtschaftlichen Möglichkeiten, unter den Top sechs Teams zu stehen. Wir wollen wieder dahin, wo wir als Schalke hingehören“, sagt Heidel.
Der unter anderem vom FC Bayern München umworbene Mittelfeldspieler Leon Goretzka (Vertrag bis 2018) soll dem Ruhrgebietsklub unter allen Umständen noch ein Jahr erhalten bleiben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er im Sommer den Verein verlässt“, sagt Heidel. Das Gehalt des 22-Jährigen dürfte deshalb in Kürze deutlich angehoben werden. „Wir werden wirtschaftlich alles dafür tun, was für Schalke vertretbar ist. Sonst würden wir der Mannschaft ein Stück ihres Herzens herausreißen.“ Und ein weiteres Stück Schalker Identität verlieren.