Schalke 04 Schalke ist jetzt ein Bausparvertrag

Vor dem Spiel gegen Wolfsburg fällt die Zwischenbilanz von S04 nicht gut aus: Elfmal verloren, viel zu oft leidenschaftslos. Die Fans wenden sich ab.

Schalkes Trainer Markus Weinzierl.

Foto: Carmen Jaspersen

Gelsenkirchen. Es ist im Fußball immer schnell von „Kleinigkeiten, die nicht gepasst haben“ die Rede, wenn die Ergebnisse aus dem Ruder gelaufen sind. Da bilden auch die Verantwortlichen des FC Schalke 04 keine Ausnahme. Denn aus ihrer Sicht stimmt das Große und Ganze: das Konzept, die Ausrichtung, die Veränderungen im Klub.

Nach mittlerweile 28 Bundesliga-Spielen, nach denen sich die Schalker auf Tabellenplatz zwölf und weiter von Platz sechs und dem internationalen Geschäft (sechs Punkte) als vom Abstiegs-Relegationsplatz (fünf Punkte) befinden, scheinen die Probleme aber deutlich tiefer zu liegen, als es Manager Christian Heidel und Trainer Markus Weinzierl einräumen wollen. „Es gibt einige Kleinigkeiten, die wir besser machen müssen“, sagt der 42 Jahre alte Trainer vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg.

Die vermeintlichen Kleinigkeiten sind aber doch eher größere Probleme. Sportlich taumelt die Mannschaft von Weinzierl, die mit rund 80 Millionen Euro noch immer finanziell überaus luxuriös ausgestattet ist, viel zu oft orientierungslos durch die Liga. Das jüngste 0:3 bei Werder Bremen war ein neuerliches gutes Beispiel für emotionale Leidenschaftslosigkeit der Mannschaft und ihr fehlendes Taktikkonzept. Weinzierl wollte bei seinem Amtsantritt im vergangenen Sommer effektives Pressing, mutige Aktionen und Inspiration bei den Angriffsaktionen in die Mannschaft implementieren. Gelungen ist es ihm bislang nur in Ausnahmefällen.

Das Spiel seiner Auswahl hat in den meisten Partien eher den Charakter eines konservativen Bausparvertragss, bei dem Risiko und Überraschungen ausgeschlossen sind. Und die Argumentationsketten der Verantwortlichen ähneln sich nach Misserfolgs-Erlebnissen. 120 Kilometer sei seine Mannschaft gegen die Hanseaten gelaufen, sagte Weinzierl, angesprochen darauf, ob seinen Spielern nicht die notwendigen Emotionen auf dem Spielfeld fehlen würden. „Die Mannschaft will“, merkte der Trainer an.

Und auch Manager Heidel nennt gerne mal Statistiken, die er während eines Spiels auf sein Handy gefunkt bekommt - und dann für sich auswertet. Freilich lassen diese Daten keinerlei Einblick auf das richtige Laufverhalten, den besonderen Pass, den entscheidenden Zweikampf der Spieler zu. Die weichen Faktoren eines Fußballspiels aber sind zumeist die entscheidenden.

Reagieren statt agieren ist in dieser Saison die Schalker Prämisse. Sie hat dem Ruhrgebietsklub bereits elf Niederlagen beschert - und ihn in diese sportlich verzwickte Situation gebracht hat. Das Wort Abstiegskampf will derzeit am Schalker Markt noch niemand in den Mund nehmen, Heidel sagt aber: „Sie glauben doch nicht, dass unsere Spieler nicht die Tabelle lesen. Wir spielen keine Saison, wo man erwarten kann, dass man unter den ersten fünf Teams landet,“ sagt der 53-Jährige, dessen Einkäufe Benjamin Stambouli (8,5 Mio. Euro) und Yevhen Konoplyanka (12 Mio. Euro) zwar teuer, aber bisher keine Verstärkungen waren.

Von außerordentlicher Kritik sind sowohl Weinzierl als auch Heidel bislang verschont geblieben. Der neue Schalker Weg der Ruhe und der größeren Gelassenheit, der vor der Saison eingeschlagen werden sollte, wurde trotz einer sportlich enttäuschenden Saison auch umgesetzt. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob sich angesichts der abnehmenden Besucherzahlen in der Arena diese vermeintliche Ruhe nicht doch in Unverständnis oder Gleichgültigkeit bei den so treuen Schalke-Anhängern umschlägt. Das wäre dann auf keinen Fall eine Kleinigkeit.