Stresstest der besonderen Art Schalke kommt: Brisantes Revierderby in Dortmund
Dortmund (dpa) - Der BVB aus dem Tritt, Schalke im Aufwind - das traditionell brisante Revierderby am Samstag (18.30 Uhr) startet unter ungewohnten Vorzeichen. Anders als in vergangenen Jahren gilt die zuletzt wenig überzeugende und von Personalproblemen geplagte Borussia nicht als Favorit.
Zwar rangiert sie in der Tabelle noch immer komfortable sieben Punkte vor dem Erzrivalen, sieht aber nach zuletzt drei Bundesliga-Partien ohne Sieg Handlungsbedarf. „Das Derby kommt zur richtigen Zeit. Wir wollen ein paar Dinge geraderücken“, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc dem „Kicker“.
Ungeachtet dieser kniffligen sportlichen Konstellation verspürt auch Trainer Thomas Tuchel ein besonderes Kribbeln: „Von der Anspannung her fühlt es sich an wie ein Pokalfinale. Ich glaube, dass es das Derby in Deutschland ist.“
Von dem 171. Kräftemessen der Traditionsclubs könnte eine Initialzündung ausgehen. Nach zuletzt sechs Pflichtspielen mit fünf Siegen und einem Remis wähnen sich die „Königsblauen“ in einem psychologischen Vorteil. „Wir haben jetzt ein paar Partien hintereinander gewonnen, das ist gut für die Seele“, kommentierte Weltmeister Benedikt Höwedes. Das schürt die Hoffnung auf den ersten Sieg beim ungeliebten Nachbarn seit dem 20. Oktober 2012.
Im Wissen um die große Bedeutung der Partie wich Schalke-Coach Markus Weinzierl vor seiner Derby-Premiere von den üblichen Gepflogenheiten ab. Anders als zuletzt fand das Abschlusstraining vor rund 4000 Fans wieder öffentlich statt. Das soll für einen besonderen Schulterschluss zwischen Team und Fans sorgen. „Es kribbelt. Es wird ein hochspannendes Spiel. Ich freue mich riesig darauf. Alle sollen spüren, wie wichtig das Derby ist“, kommentierte Weinzierl seine Maßnahme.
Bei einer ähnlichen Aktion im vorigen November hatten beachtliche 3000 Anhänger die Profis auf das am nächsten Tag anstehende Derby eingestimmt. Der Nutzen dieser Maßnahme hielt sich jedoch in Grenzen: Die Partie ging mit 2:3 verloren.
Von solchen Ideen hält sein Gegenüber Tuchel wenig. Der Dortmunder Coach bereitete sein Team lieber hinter verschlossenen Toren auf die knifflige Aufgabe vor. Zu seiner Erleichterung scheint sich die Personallage zumindest ein wenig zu entspannen. Marc Bartra und Christian Pulisic kehren zurück. Zudem stiegen Raphael Guerreiro und André Schürrle wieder ins Teamtraining ein. Zumindest Schürrle steht vor einem Comeback: „Bei ihm sieht es aus, als ob die wenigen Trainingseinheiten reichen, um im Kader zu sein“, sagte Tuchel
Bei allem Druck überwiegt in Dortmund die Vorfreude. „Wenn du den Menschen hier in die Augen schaust, dann spürst du sofort selbst großen Ehrgeiz, das Derby zu gewinnen. Die Fans sprechen dich an und sagen: 'Los, komm! Wir müssen dieses Derby gewinnen. Wir wollen den Derbysieg!'“, sagte Torjäger Aubameyang in einem Interview mit „bundesliga.de“. Noch muss der Torjäger aber um seinen Einsatz bangen. Aufgrund einer Wadenprellung konnte er in den vergangenen Tagen nur Lauftraining absolvieren. „Es wird eng“, klagte Tuchel.
Nach fünf Siegen in den zurückliegenden sechs Pflichtspielen will Schalke seine Serie ausbauen und in der Bundesliga weiter Boden gutmachen. „Der BVB hat viel Qualität. Die Handschrift von Thomas Tuchel ist klar zu erkennen“, sagte Weinzierl respektvoll. „Aber wir haben eine sehr gute Tendenz und fahren mit allem, was wir haben, nach Dortmund, um dort zu punkten, möglichst zu gewinnen.“
Ungewiss ist noch der Einsatz der zuletzt angeschlagenen Leon Goretzka und Franco Di Santo, die beim 3:2-Pokalsieg in Nürnberg fehlten. Über ihr Mitwirken will Weinzierl „kurzfristig entscheiden“.
Nicht nur den Profis, sondern auch den Polizisten steht eine besondere Herausforderung bevor. Sie stufen die Partie als Risikospiel ein. Im Rahmen eines Großeinsatzes wird es schon in den frühen Morgenstunden starke Polizeipräsenz auf den Bahnhöfen in Dortmund und Gelsenkirchen geben.
Das Derby verlief zuletzt weitgehend friedlich. Grund für das 2014 verschärfte Sicherheitskonzept mit verringertem Kartenkontingent für Gäste und genauer Durchsuchung der Auswärtsfans waren Ausschreitungen bei vorangegangenen Partien. 7000 Tickets und damit 700 mehr als im Vorjahr gingen laut BVB an die Schalker.